Mittwoch, 25. November 2009

"Deutschland? Aber wo liegt es?"



Teutonischer Kulturdepp live (FAZ)

- "Deutschland? Aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden;
Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf.
Goethe&Schiller, Xenien, Das deutsche Reich


- Denkt Inge Kloepfer (FAZ) an Deutschland, o je!
"Vor allem die Geburt bestimmt" : Bitte ein bißchen genauer: Das Genom formt Haut und Hirn. Dazu Steven Pinker:
" Welche Faktoren prägen Persönlichkeit und Intelligenz? (Steven Pinker, FAZ, 14.01.2002 (edge.org))

Nach der Geburt getrennte eineiige Zwillinge zeigen als Erwachsene eine überraschende Ähnlichkeit in Denken und Persönlichkeit (auch wenn von Identität keine Rede sein kann); gemeinsam aufgewachsene eineiige Zwillinge gleichen einander stärker als gemeinsam aufgezogene zweieiige Zwillinge.
Viele Menschen reagieren auf solche Ergebnisse mit der Feststellung: „Sie wollen also behaupten, daß alles in den Genen angelegt ist.“ Aber die Forschung zeigt, daß die Gene nur für etwa die Hälfte der Variation verantwortlich sind; etwa die Hälfte muß also auf etwas zurückzuführen sein, das nicht genetischer Natur ist.
Die nächste Reaktion lautet dann: „Das heißt also, die andere Hälfte muß aus der Erziehung stammen.“ Doch auch das ist falsch. Bei der Geburt getrennte eineiige Zwillinge sind einander nicht nur ähnlich; sie sind einander „nicht weniger“ ähnlich, als wenn sie gemeinsam aufwachsen. Dasselbe gilt für Geschwister, die keine Zwillinge sind: Gemeinsam aufgewachsen, sind sie einander nicht ähnlicher, als wenn sie getrennt aufwachsen. Gemeinsam aufgewachsene eineiige Zwillinge gleichen einander nur zu fünfzig Prozent, und Adoptivgeschwister sind einander nicht ähnlicher als zwei rein zufällig ausgewählte Menschen. Kinder werden einander also nicht deshalb ähnlich, weil sie im selben Haushalt aufwachsen.

Die Variation in Persönlichkeit und Intelligenz läßt sich also prozentual etwa so zerlegen: Gene fünfzig, Familie null und irgend etwas anderes wieder fünfzig. Vielleicht ist es der Zufall. Im Mutterleib wendet sich der Wachstumskegel eines Axons nicht hierher sondern dorthin; das Gehirn erhält so eine etwas andere Konfiguration. Man kann sich eine Entwicklung vorstellen, bei der sich Millionen kleiner zufälliger Ereignisse gegenseitig aufheben, so daß am Ende dasselbe Ergebnis herauskommt; man kann sich aber auch einen Prozeß vorstellen, bei dem ein zufälliges Ereignis die Entwicklung völlig aus der Bahn wirft, so daß ein Monster entsteht. Doch keins von beidem geschieht. Die Entwicklung der Organismen basiert offenbar auf komplizierten Rückkopplungsschleifen. Zufällige Ereignisse können das Wachstum aus der Bahn bringen, doch die Bahnen bewegen sich im Rahmen funktionierender Entwürfe für die betreffende Spezies, die durch die natürliche Selektion festgelegt wurden.

Was wir mit „Umwelt“ meinen – der Anteil der nicht durch die Gene bedingten Varianz – hat möglicherweise gar nichts mit der Umwelt zu tun. Wenn die nichtgenetische Varianz das Ergebnis zufälliger Ereignisse bei der Entwicklung des Gehirns sein sollte, wäre damit ein weiterer Teil unserer Persönlichkeit und unserer Intelligenz biologisch (wenn auch nicht genetisch) bedingt und damit selbst den besten Absichten der Eltern und der Gesellschaft entzogen.

Steven Pinker ist Professor für Psychologie am Department of Brain and Cognitive Sciences des Massachusetts Institute of Technololgy (MIT) in Cambridge und Autor von „Wörter und Regeln“.

- " Dieses ewige Gejammere...

Bryan Hayes (bhayes)
geht bestimmt nicht nur mir auf den Geist!
In der Tat gibt es eine Reihe von Änderungen seit den 60er und 70er Jahren, die ihren Teil zur aktuellen Situation beitragen:
- Damals war die Steuer-etc.-Last deutlich geringer (z.B. MwSt 1968 10%)
- Damals war der Arbeitswille deutlich größer
- Damals war die das Renteneinstiegsalter nicht so niedrig
- Damals sind die Leute früher arbeiten gegangen
- Damals sind die Leute früher gestorben
- Damals wurden auch für Ungelernte gutbezahlte Jobs angeboten
- Damals waren die relativen Produktivitätsfortschritte größer
- etc.
Dies alles in Kombination mit der schlechten Ausgangsposition in den 40er und 50er Jahren führte dazu, dass im Mittel Jeder pro Jahr spürbar mehr sein Eigen nennen konnte.
Ein Teil dieser Punkte ist heute nicht mehr anwendbar, ein Teil aber sehr wohl: Niedrigere Steuern, Bildungs-, Arbeitsethos und eine richtige Relation von Arbeits- zu Lebensstunden (diese ist über die letzten Jahrzehnte stetig gesunken und hat den größten Teil der Produktivitätsfortschritte absorbiert).
Man muss nur wollen (und nicht jammern etc.). Deutschland insgesamt jedenfalls hat - gerade im Vergleich mit vielen anderen Ländern - sehr gute Voraussetzungen dazu.

- "Alfred Herrhausen und ich sind beide Kinder der Arbeiterstadt Essen.

Dieter Spethmann (dspeth)
Ich wurde mit 17 Lehrling bei Krupp (1943), und das Schicksal führte uns zusammen, weil Herrhausens Vater rechte Hand des damaligen Ruhrgas-Vorstands Fritz Gummert war, mit dessen bei Kriegsende gefallenen Söhnen ich befreundet war. Sie haben die Fragestellung Ihres Artikels ganz im Sinne von Alfred Herrhausen gewählt. Aber: Muss in die Antwort nicht ein monetärerer Befund eingefügt werden? Denn bis 1990 ging es mit dem Netto-Realeinkommen unseres Arbeitnehmers stetig aufwärts und seit 1991 stetig abwärts. Das hat weniger mit „gesellschaftlichen Bewußtseinsveränderungen“ zu tun als mit der Halbierung der jährlichen Zuwachsrate des BIP und auch mit den seit 1999 stetig wachsenden deutschen Lasten innerhalb des Euro. Dieser entzieht uns 10% unseres BIP pa oder mehr. Erstens. Der Euro treibt unsere Zinsen: Mindestens 2% unseres BIP. Zweitens. Unsere Exportüberschüsse verschwinden in der EZB, die damit Importe der Euro-Defizitländer (11 von 16) bezahlt. In 2007 waren es 193 Mrd Euro, in 2008 noch 165, in diesem Jahr noch 101, nächstes Jahr wieder 134, alles Zahlen der Bundesregierung gemäß FAZ. Macht locker 4 – 8% unseres BIP. Und dann noch unser Anteil am Defizit der Eurozone."
(Komm. auf faz.net)

- So ein Klettergurt sagt mehr über die Ursprünge der Moderne als Ludger Honnefelder.