Montag, 7. Januar 2013

Da holen wir mal die Bauklötze raus











“Zumindest in modernen Industriegesellschaften ist die Statusverteilung ein Kontinuum ohne sichtbare Brüche. Die Schichten, die durch die Aufteilung eines solchen Kontinuums zustandekommen, sind eigentlich nur statistische Kategorien und damit als soziale Gruppe fiktiv. Die Grenzziehung zwischen den einzelnen Schichten ist mehr oder weniger beliebig und kann je nach dem Untersuchungszweck eine andere sein. Den fiktiven Charakter solcher Schichtgrenzen hat man häufig übersehen, weil sich die willkürlich abgegrenzten Schichten hinsichtlich solcher Faktoren wie Lebensstil, Einstellungen und Bewußtsein ihrer Mitglieder unterscheiden. Die Berechnung von Durchschnittswerten für die einzelnen Schichten verhüllt dabei die Tatsache einer kontinuierlichen Verteilung.” Renate Mayntz in Wilh. Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie

Die Überversorgten - gut 10% - Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes - neben einem wenig aufreibenden Arbeitsleben mit höchster Arbeitsplatzsicherheit und Beihilfen für alles und jedes ist auch noch die Pension sicher, für die zuvor keine Beiträge eingezahlt werden müssen. Für viele Langweiler ein erstrebenswertes Leben.

Die sehr gut Versorgten in den Wirtschaftsunternehmen der öffentlichen Hand - ca. 3% - in Stadtwerken, Museen, Kunst- und Wissenschaftseinrichtungen, Parteien, Kirchen, Radio- und Fernsehbetrieben wie ARD, ZDF, WDR etc.
Die gut Versorgten in großen Unternehmen wie der Ruhrkohle AG, für die Politiker sich wegen der vielen Beschäftigten gerne ansprechen lassen. Etwa 13% (4 Mio. Erwerbstätige).
Die größte Gruppe mit rund 60% stellen die Arbeiter und Angestellten der staatlich nicht geschützten Privatwirtschaft. Dort herrschen konjunkturelle Schwankungen, die Tätigkeiten sind aber oft interessanter. Das ist jedoch Geschmackssache, Gewerkschaftsbonzen schätzen sie weniger.

Schließlich bleiben rund 7% Arbeitslose aus den verschiedensten Bereichen. Scheinarbeitslose, Drogenkonsumenten, Kriminelle, Sozialbetrüger, Berufsarbeitslose wie die “Glücklichen Arbeitslosen”, Konkursarbeitslose, Konjunkturarbeitslose - sie verbindet nichts außer einem äußeren, statistischen Merkmal mit unterschiedlichem motivationalen Hintergrund.

Schichteinteilungen nach dem Einkommen sind sehr unsinnig, es handelt sich dabei in der Regel um Propagandaaktionen.
Ähnlichsind  Bestimmungen wie Oberschicht, Mittelschicht und Unterschicht zu sehen.
Die Kriterien überkreuzen sich vielfach und folgen einem primitiven geologischen Schema. Ein Werkzeugmacher, der Gewerkschaftsbonze und dann SPD-Bundestagsabgeordneter wurde, gehört zu einer hochpotenten Herrschaftsgruppe, ist aber meist seiner Fraktionsführung untertan, daher der Ausdruck “Kanalarbeiter”. Die Fraktionsführungen sind jedoch wiederum stark beeinflußt durch wissenschaftliche Druckgruppen (Politisierung des Wetters) und die führenden Journalisten. Diese Milieus sind sehr flexibel. Über viele Jahre stabile Machtzusammenballungen in Einzelpersonen wie Rudolf Augstein und Siegfried Unseld sind nicht die Regel, doch zählen große Verleger stets zur Kerngruppe der Macht, während reiche Bürger in der Regel nicht dazugehören. Ein mittelgroßer Zeitungs-Verleger mit politischer Ausrichtung wie Neven-Dumont eignet zwar im Vergleich mit reichen Leuten wie den Albrechts kein großes Vermögen, aber er besitzt durch die Auswahl der Chefredakteure seiner Blätter einen täglichen Einfluß auf die Meinungsbildung.  Der Einfluß reicher Industrieller ist geradezu dramatisch gesunken, ihre Reputation wurde durch Journalistenheere heruntergeschrieben. Journalisten sind wahlentscheidend, sie verteilen die politische Macht, obwohl sie mehrheitlich nicht halb so viel verdienen wie der bekannte Sparkassendirektor. Insofern gehören Journalisten einerseits zur Mittelschicht, besitzen andererseits aber Oberschichteinfluß.

Aber besser, man läßt das unsinnige Schichtungschema dort, wo es herkommt: in der Geologie.