Die Religion, soweit sie von Primaten geglaubt wird, verbindet sich tendenziell mit dem stammesgeschichtlichen Aggressionspotential und wirkt dann kriegstreibend nach dem Motto: Willst du nicht mein Glaubensbruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein. Man kennt das seit Kain und Abel, den Arianern, Jan Hus, Michael Servet, Sunniten und Schiiten etc. Auf einem anderen Stern mit anderem genetischen Material würde sich das vielleicht anders darstellen. Hier auf Erden wird draufgehauen bzw. verbrannt. Zündet ihre Häuser und Synagogen an, forderte Luther in seiner Spätschrift “Von den Lügen der Juden” seine Lutheraner auf. Sunniten und Schiiten führten ohnehin Dauerkrieg gegeneinander und tun dies immer noch, weil ihr spezieller Glaube nur winzige friedensfördernde Partikel kennt und nie eine Aufklärung zuließ, geschweige denn Atheisten.
Apropos Atheisten. Haben nicht, Leser Hedelfinger läßt grüßen, die roten und braunen Atheisten die meisten Menschen umgebracht?
Die meisten, pro Kopf und Hand gerechnet, verzeichnen wohl die animistischen Hutus, die in Handarbeit 1994 in Ruanda mit Machete und Keule etwa eine Million animistische Tutsis verstümmelten und schlachteten. Faschisten und Kommunisten kommen nur auf die hohen Zahlen, weil relativ wenige Täter mit Hilfe der Technik sehr wirksam agierten.
Aber handelt es sich bei Faschisten und Kommunisten überhaupt um Atheisten? Der Politologe Eric Voegelin (1901-1985) verneint das:
“Der politische Kollektivismus ist nicht nur eine politische und moralische Erscheinung; viel bedeutsamer scheint mir das religiöse Element in ihm zu sein”, schreibt Eric Voegelin im Vorwort zu seiner Studie “Die politischen Religionen” (1938/1996). Und:
„In der Haltung innerweltlicher Religiosität akzeptiert der Mensch diese Stellung (der innerweltlichen Kollektivexistenz, WD), er nimmt sich selbst als Werkzeug, als Hegelschen Maschinenteil des großen Ganzen, und unterwirft sich willig den technischen Mitteln, mit denen die Organisation des Kollektivums ihn eingliedert.“
Eric Voegelin, Die politischen Religionen, S. 54
(vgl. auch S. 13ff.)
Helmut Schelsky sieht das ebenso, und ich kann mich nur anschließen:
“So darf man auch die Haltung, die die politischen Herrschaftsansprüche dieser neuen Klasse der ‘Heils- und Sinnvermittler’ stützt, nicht nur als politische Ideologie begreifen, sondern muß in ihr einen tiefer greifenden grundsätzlichen Lebensanspruch sehen, muß sie als ein das ganze Verhalten des Menschen bestimmendes Grundverhältnis zur Wirklichkeit verstehen, das nicht anders als ‘religiös’ genannt werden kann.”
(Helmut Schelsky, die Arbeit tun die anderen, Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen, 1975, S. 15)
Der rotgrüne Sozialismus hat dem nur eine weitere Facette hinzugefügt.
Ein sinnvoller und konsequenter Atheismus verzichtet auf eine übersinnliche Rückbindung, eine re-ligio. Er ist sich seiner beschränkten Erkenntnismöglichkeiten als Säugetier bewußt und strebt kein ganzheitliches Weltbild an, weil er aus der Geschichte der letzten 3000 Jahre weiß, daß die Weltbilder kommen und gehen. Sie sind nur Konstruktionen, die von anderen abgelöst werden. Der Atheist sieht sich auf einen pragmatischen Umgang mit Welt und Menschen verwiesen, der alles gelten läßt, was nicht zu Diebstahl, Raub, Mord und Totschlag führt. Und sich für die Traditionen einsetzt, die sich in der Geschichte erfolgreich als zivilisationsfähig, wohlstands- und wissenschaftsfördernd erwiesen haben.