Biologischer Urknall
Zu: "Formen des Nichtwissens" (F.A.Z. vom 9. Juli): Als ehemaliger Experimentalwissenschaftler kenne ich den Wert (oder auch Unwert) von Hypothesen. Die Evolution ist eine sehr wenig abgesicherte Hypothese, insbesondere ist es bislang nicht gelungen, wesentliche Schwachpunkte durch Experimente zu entkräften. In meiner Jugend galt es als sicher, dass künstliches Leben im Reagenzglas in absehbarer Zeit geschaffen würde. Heute sind wir weiter von dieser Vorstellung entfernt als damals. Leser Franz Cesarz ("Alles weiß man nie", F.A.Z. vom 10. Juli) formulierte völlig richtig: "Wenn man nicht alles weiß, weiß man nicht, ob das, was man weiß, zutrifft. Alles aber weiß man nie. Also bleibt alles Wissen immer fraglich." Kann durch Zufall Ordnung geschaffen werden? Die menschliche Erfahrung kennt nur das Gegenteil, Ordnung geht verloren, wenn die spontan zunehmende Unordnung nicht stetig korrigiert wird. Die Evolution nach heutigen Vorstellungen wäre eine ununterbrochene Folge von unwahrscheinlichen Veränderungen, die jeweils und kontinuierlich mit einer theoretisch völlig unwahrscheinlichen Zunahme der Ordnung verbunden wären. Die Entwicklung des Menschen zum Bakterium, die Rückentwicklung, wäre durch Verlust von Ordnung denkbar, der umgekehrte Weg ist theoretisch nach unseren heutigen Kenntnissen eher ausgeschlossen.
Der biologische Urknall, die Entstehung von organischem Leben aus Materie, ist bislang nicht bewiesen worden. Aber auch die "sprunghafte" Veränderung vom Prokariozyten zum Eukariozyten ist ein weiterer Urknall, der nicht erklärbar ist. Das Gleiche gilt für die "sprunghafte" Entwicklung vom Einzeller zum Vielzeller. Es bleibt der Glaube an den Menschen und seine Gottähnlichkeit oder der Glaube an eine dem Menschen übergeordnete und von ihm noch nicht verstandene Ordnung.
Professor Dr. Harald Förster, Frankfurt, Professor für angewandte Biochemie
Text: F.A.Z., 21.07.2007, Nr. 167 / Seite 8
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen