Montag, 20. August 2007

Geldpolitik, Rotchina, Kongo, Gentechnik

mo 11° R /mi 19° w
Ein schwieriges Feld:
"... Der pensionierte Präsident der amerikanischen Notenbank, Alan Greenspan, hatte wegen turbulenter Märkte häufig die Leitzinsen gesenkt - 1987 nach dem Börsen-Crash, 1998 beim Beinahekollaps des Hedge-Fonds LTCM sowie während der Kurseinbrüche zwischen 2001 und 2003. Kurzfristig haben die Liquiditätsspritzen gewirkt. Das gilt vor allem für 1987: Nach dem Crash im Oktober 1987 hatte Greenspan die Zinsen um 75 Basispunkte gesenkt und die Märkte mit Liquidität geflutet. Bereits Anfang Dezember 1987 hatte der amerikanische Aktienmarkt seinen Tiefpunkt durchschritten. Die Leitzinssenkungen hatten die Investoren vor weiteren Verlusten bewahrt. Damit haben sie ähnlich gewirkt wie Verkaufsoptionen, auch Puts genannt. Diese räumen Anlegern die Möglichkeit ein, Aktien zu einem festgesetzten Kurs zu verkaufen, auch wenn der Kurs am Markt eingebrochen und somit niedriger sein sollte.

Aber die Greenspan-Puts hatten regelmäßig die Liquidität aufgebläht, das Risikobewusstsein eingeschläfert und neuen Übertreibungen Vorschub geleistet. Noch nie ist diese problematische Seite des Greenspan-Puts so klar geworden wie zuletzt: Die amerikanischen Unternehmen hatten 2001 begonnen, ihre während der Aktienhausse in die Höhe geschossenen Schulden zu reduzieren und ihre Bilanzen zu reparieren. Aber die amerikanischen Konsumenten haben seitdem das Gegenteil gemacht. Angestachelt durch Greenspans Niedrigzinsen, haben sie Hypothekenschulden aufgetürmt, leichtfertig Immobilien gekauft und deren Preise in die Höhe getrieben. Im Frühjahr dieses Jahres wurde klar, dass immer mehr Bürger ihre Darlehen nicht bedienen können, die amerikanische Immobilienkrise nahm ihren Lauf. Sie geht maßgeblich auf den Greenspan-Put zurück. ..."
F.A.Z., 20.08.2007, Nr. 192 / Seite 22
Marc Faber meinte letzte Woche, ohne die Zentralbanken und ihre Interventionen seien wir alle reicher.

- Wieder ein sehr informativer Beitrag von Matthias Rüb! Die Entwicklung an der Straße von Taiwan ist besorgniserregend. :

"Militärische Macht
Das Pentagon warnt vorm chinesischen Drachen
Von Matthias Rüb, Washington ... Militärisches Hauptaugenmerk Chinas auf Taiwan

China lässt die Welt über die strategischen Gründe seiner Aufrüstung im Unklaren. Amerikanische und internationale Rüstungsfachleute sind sich jedoch darüber einig, dass die Modernisierung der veralteten Ausrüstung der chinesischen Streitkräfte längst nicht mehr der einzige Grund für die wachsenden Militärausgaben sein kann. Denn Chinas Aufrüstung begann, als der regionale und weltanschauliche Rivale Sowjetunion von der Bühne der Weltgeschichte abtrat und keine militärische Bedrohung mehr darstellte. In die gleiche Zeit fielen (inflationsbereinigt) sinkende Militärausgaben Taiwans, während sich auch das von Wirtschaftskrisen geschüttelte Japan - der einzige potentielle Großmachtrivale in der Region - allenfalls ein stagnierendes Militärbudget leistete.

Nach wie vor liegt Chinas militärisches Hauptaugenmerk auf Taiwan. Peking verstärkt sein auf Taiwan gerichtetes Raketenarsenal nach amerikanischen Erkenntnissen jährlich um etwa 100 Kurzstreckenraketen und hat inzwischen fast 1000 Abschussrampen mit Raketen, die Taiwan erreichen können, am Westufer der Straße von Taiwan errichtet. Zudem sind fast 400.000 Mann der Volksarmee in der Region stationiert. ..." FAZ 20.8.07

- Kongo / Katanga : Globalisierung als neue Chance oder alte afrikanische Mißwirtschaft?
"... Die Demokratische Republik Kongo (Kongo-Kinshasa) gilt als eines der rohstoffreichsten Länder der Welt. Von Holz über Wasser und Diamanten bis hin zu seltenen Erzen wie Coltan, Uran und Kobalt findet sich nahezu alles, wobei speziell die Kupfer-, Kobalt- und Uranvorkommen in der südlichen Provinz Katanga konzentriert sind. Die Bergbauprovinz war seit jeher der wirtschaftliche Motor Kongos, sowohl unter belgischer Kolonialverwaltung als auch nachdem Kongo 1960 von Belgien in die Unabhängigkeit entlassen worden war. Die blühende Bergbauindustrie aber verfiel im Laufe der Jahre durch unglaubliche Korruption und Missmanagement, und heute gibt es nicht einmal mehr eine Straße, die Lubumbashi, die Hauptstadt von Katanga, mit der Regierungshauptstadt Kinshasa verbindet. Gleichwohl ist Katanga nach den ersten freien Wahlen in der Geschichte Kongos im vergangenen Jahr zum neuen Mekka der internationalen Bergbaukonzerne geworden. Hintergrund ist die Nachfrage nach Kupfer und Kobalt aus China und Indien, die zu Preissteigerungen von bis zu 150 Prozent geführt hat. Katanga verfügt über rund ein Zehntel aller weltweit bekannten Kupfervorkommen und wohl über knapp die Hälfte des mittlerweile extrem teuren Kobalts. ..."

Text: F.A.Z., 20.08.2007, Nr. 192 / Seite 12

- Der Irrationalismus nimmt zu:
"Gentechnik
Wohliger Ekel
Von Christian Schwägerl
Von liebevollen Menschen herangezogen? Mitnichten
26. Juli 2007 FAZ
Wer hat vor Gentechnik in Lebensmitteln keine Angst? Nur Menschen, so scheint es, die bei Fastfood-Ketten frühstücken, schimmliges Brot essen und sich auch sonst nicht sonderlich darum scheren, was sie ihrem Körper zumuten. Die große Mehrheit ist dagegen, sagt der Ernährungsminister, und richtet sich, statt aufzuklären, nach der kollektiven Angst. Als drohe die Pest oder Schlimmeres, lässt Horst Seehofer Äcker, auf denen genveränderte Pflanzen wachsen, mit Sicherheitskorridoren umgeben, Spuren von Gentechnik mit Labortests verfolgen und schreibt Warnhinweise auf Verpackungen vor.

In den Kirchen wird gegen den „Eingriff in die Schöpfung“ gepredigt, in bayerischen Städten verbieten CSU-Bürgermeister den Anbau von „Gen-Pflanzen“ auf kommunalem Pachtland, in Bio-Supermärkten wird „Frei von Gentechnik“ als Qualitätsmerkmal und Kaufanreiz präsentiert, was allgemeinen Beifall findet, vom Stammtisch in Niederbayern bis zur schwulen Bio-Einkaufsgemeinschaft in Kreuzberg.

Ein selbstverstärkendes System

Den Verbrauchern wird es leichtgemacht, pauschal gegen Gentechnik zu sein. Dort, wo gentechnisch veränderte Lebewesen längst eingesetzt werden, als Futtermittel für Rinder und Schweine beispielsweise und als bakterielle Fabriken für Vitamine und Enzyme, erfahren sie nichts davon. Eine umfassende Kennzeichnungspflicht für alle Produkte, die mit Hilfe genveränderter Organismen hergestellt werden, haben die „Verbraucheranwälte“ in der Regierung soeben verhindert - wohl wissend, dass sonst auf fast allen Produkten ein Gentechnik-Zeichen zu finden wäre. Was eine Massenhysterie auslösen würde - oder einen raschen Gewöhnungseffekt. Produkte wiederum, für die eine Kennzeichnung vorgeschrieben ist, bekommt der Verbraucher gar nicht zu sehen: Vor nichts haben die Lebensmittelketten mehr Angst als vor der Angst ihrer Kunden. Ein selbstverstärkendes System.

„Ohne Gentechnik“ - wie natürlich das klingt. Fast wie: Meine Lebensmittel kommen aus dem Garten Eden. „Ohne Gentechnik“, das signalisiert: alles in Ordnung, diese Karotte wurde von lächelnden und liebevollen Menschen herangezogen. Keine Gentechnik, und schon ist das Gewissen rein. Pestizide, Pilzgifte, Wasserverschwendung für Treibhausware, alles halb so wild. Hauptsache, keine Gentechnik. ..."

Keine Kommentare: