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Schöner Leserbrief:
Schon Hebel vermerkte Klimakapriolen
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2007, Nr. 101, S. 10
Der Potsdamer Klimatologe Stefan Rahmstorf beklagt in seiner Antwort auf Augusto Mangini ("Die Wahrheit zum Klima", F.A.Z.-Feuilleton vom 10. April), dass sich ein Geowissenschaftler zu der Kritik "verstieg", Klimaforscher spielten die Klimavariabilität in der Erdgeschichte gezielt herunter; damit habe er dem Berufsstand "weltweit Unredlichkeit unterstellt". Der Streit geht um die Rückschlüsse, die aus Eisbohrungen, Baumringen und Stalagmiten auf Temperaturschwankungen in den letzten 12 000 Jahren (Holozän) zu ziehen sind, auch weil erst aus dem letzten Jahrhundert Daten bekannt seien. Ganz richtig ist das nicht. Es sei daran erinnert, was Johann Peter Hebel vor genau 200 Jahren im "Rheinischen Hausfreund" über Klimakapriolen seit dem 12. Jahrhundert zu berichten wusste (Insel Verlag, Hebel Band 4, Seite 427): "Der warme Winter von . . . 1806 auf . . . 1807 hat viel Verwunderung erregt und den armen Leuten wohlgetan; der und jener . . . wird . . . als alter Mann . . . seinen Enkeln erzählen, dass . . . man Anno 6, als der Franzos in Polen war, zwischen Weihnacht und Neujahr Erdbeeren gegessen und Veilchen gerochen habe. Solche Zeiten sind selten, aber nicht unerhört, und man zählt in den alten Chroniken seit siebenhundert Jahren achtundvierzig dergleichen Jahrgänge . . . 1289 . . . war es so warm, dass die Jungfrauen um Weihnacht und am Dreikönigstag Kränze von Veilchen, Kornblumen und andern trugen . . . 1420 war der Winter und das Frühjahr so gelind, dass im März die Bäume schon verblüheten. Im April hatte man schon zeitige Kirschen und der Weinstock blühte. Im Mai gab es schon ziemliche Trauben-Beerlein . . . Im Winter 1538 konnten sich auch die Mädchen und Knaben im Grünen küssen, wenns nur mit Ehren geschehen ist; denn die Wärme war so außerordentlich, dass um Weihnacht alle Blumen blühten. Im ersten Monate des Jahres 1572 schlugen die Bäume aus, und im Februar brüteten die Vögel. Im Jahre 1585 stand am Ostertag das Korn in den Ähren . . . 1617 und 1659 waren schon im Jänner die Lerchen und die Trosteln lustig . . . 1722 hörte man im Jänner schon wieder auf, die Stuben einzuheizen. Der letzte ungewöhnlich warme Winter war im Jahre 1748. Summa, es ist besser, wenn am St.-Stephans-Tag die Bäume treiben, als wenn am St.-Johannis-Tag Eiszapfen daranhängen."
Vergessen scheint, dass es zur Römerzeit warm genug war, um fast ganz Europa in Sandalen ohne Beinkleider zu erobern. Wenig Eindruck macht Rahmstorfs Hauptargument, so viele Klimaforscher, die sich "weltweit" auf die anthropogene Erwärmung geeinigt hätten, könnten doch nicht irren: Noch viel mehr gescheite Mediziner ließen Jahrhunderte lang zur Ader, und auch Klimaforscher müssen Aufmerksamkeit erregen, wenn sie ihre Projekte oder Gutachten finanziert haben wollen. Man täte besser daran, unsere Ressourcen zu verwenden, um uns auf die Folgen der akuten Erwärmung der Erde (und angeblich ebenso des Mars?) einzustellen, als zu versuchen, den Lauf der Welt mit teuren Mätzchen bis hin zum Ablasshandel aufzuhalten oder zurückzudrehen.
Professor Dr. Wolfgang Harms,
Direktor des Instituts für Energierecht, FU Berlin, Briefe an die Herausgeber
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