Donnerstag, 14. Oktober 2010
Das war noch ein Bursche!
Dieser Weber!
- Soziologin Heather Hofmeister (RWTH Aachen) sieht den Unterschied zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Soziologiestudium darin, daß die amerikanischen Studenten damit beginnen, soziale Beobachtungen außerhalb der Seminarstube zu machen, während in Deutschland dicke Theoriebücher gelesen werden.
Sie hätte hinzufügen können, daß dies der Grund ist, warum es sich bei der deutschen Soziologie weitgehend um eine Stuben- und Salonwissenschaft handelt.
- Soziologe Armin Nassehi (LMU Mchn.) ist ein stubenerprobter Professor. Er widerstreitet Sarrazin am 13.10.10 in der FAZ unter dem Titel: "Die Biologie spricht gegen den Biologismus". Gibt es "die Biologie"? Gibt es "die Soziologie"? Natürlich nicht. Fünf Biologen ergeben leicht 6 Meinungen, sechs Soziologen bringen es spielend auf 10. Nassehi nennt jedoch gar keine Namen. Sind ihm die entfallen? Aber ohnehin geht die Frage nach der IQ-Messung und der Intelligenzerblichkeitsforschung hauptsächlich an die empirische Psychologie, weniger an die Biologie. Am Rande sind auch Biochemiker wie Gottfried Schatz und Neurowissenschaftler wie Henning Scheich mit dem Problem befaßt, doch sind es die empirischen Psychologen wie Hans Jürgen Eysenck, Siegfried Lehrl und Thomas J. Bouchard, die zum Gegenstand viel Material vorgelegt haben. Bouchards große Langzeitstudie "Minnesota Study of Identical Twins Reared Apart (MISTRA), die Minnesota-Studie über getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge, die seit 1983 läuft, ergibt bisher: "Unsere Forschungsbefunde ergeben weiterhin einen sehr starken genetischen Einfluß bei fast allen medizinischen und psychologischen Eigenschaften." (Einen schönen Überblick gibt Dieter E. Zimmer: »Zwillinge«, Experimente des Lebens, 1989.)
Der Intelligenzerblichkeit nähert sich ebenfalls aus empirischer Perspektive der Zürcher Kinderarzt Remo Largo mit seinen Büchern "Babyjahre" und "Schülerjahre", letzteres rezensiert in der FAZ v. 14.10.09, darin resümiert Dorothea Sihler: "Er sagt, Kinder müssen nicht gefördert werden, weil sie sich aus sich selbst heraus entwickeln. Das Anregungspotential des Elternhauses, der Schule und der Umwelt spielt dabei eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle. Das genetische Potential, das ein Kind mit auf die Welt bringt, kann durch günstige Umstände im besten Falle ausgeschöpft werden, verändert werden kann es nicht mehr."
Diese Forschung nimmt Nassehi nicht zur Kenntnis und reitet stattdessen die alte milieutheoretische Schindmähre.
Er beobachtet nicht, wie das soziologische Vorgehensweise wäre, verschiedene Gruppen, er differenziert nicht zwischen Einwanderern verschiedener Herkunftsländer, wie das der von ihm angegriffene Sarrazin tut:
"Weil immer pauschalierend und irreführend von „den“ Migranten die Rede ist, habe ich die Migranten nach Gruppen aufgeteilt und das verfügbare statistische Material aufbereitet. Bei fast allen zeigte sich, dass Integrationsprobleme auf dem Arbeitsmarkt oder hinsichtlich der Bildungsbeteiligung in der zweiten Generation statistisch kaum noch messbar sind. Das gilt für die Osteuropäer, für Russlanddeutsche, EU-Ausländer, Einwanderer aus Fernost. Nur bei den Migranten aus muslimischen Ländern – und das reicht von Marokko bis Pakistan – ist der Befund ein anderer. Und weil das in allen europäischen Ländern mit größerer Einwanderung zu beobachten ist, weist diese Besonderheit auf die Gruppe selbst und deren Verhalten zurück. Auf dieser Basis habe ich mich mit dem Thema des kulturellen Einflusses der Religion näher befasst. Angesichts der unterschiedlichen Herkunft der Muslime habe ich aber ganz klar gesagt, dass ethnische Gründe für dieses Anderssein nicht in Frage kommen." (FAZ 30.8.10)
Auch eine Überlegung, wie das ganz unterschiedliche Integrationsverhalten zweier ähnlich bildungsferner und ähnlich schulabgeneigter Gruppen wie den Italienern und den Türken, die beide einen fast gleich hohen Anteil in den Sonderschulen stellen, erklärt werden kann, findet bei Nassehi keinen Raum. Sein Beitrag ist ein polemisches, oberflächliches Sammelsurium, wie es sich in der deutschen Soziologie leider häufig findet.
- Soziologenpräsident Hans-Georg Soeffner setzt allem die Blechkrone auf, indem er bei 0°C Nachttemperatur und 8°C Mittagstemperatur, nach zehn Jahren Abkühlung seit dem Jahr 2000, von den sozialen Auswirkungen der Klimaerwärmung faselt. (hr2 13.10.10)
Ja, die deutsche Soziologie ist ganz überwiegend leider nur eine Stuben- und Salonwissenschaft.
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