Sonntag, 19. Dezember 2010
Erhard, Wolf und Benedikt
Die Kutte des Mönchs paßt nicht so ganz zum barocken Saal, aber gut zur Rede:
Notker Wolf am Rednerpult
"Abtprimas" kommt als Titel eher selten vor, und auch Benediktiner trifft man nicht häufig. Daß ein Abtprimas des Benediktinerordens die Ludwig-Erhard-Medaille bekommt, das war erstmalig der Fall und bleibt vielleicht einmalig.
Um so beeindruckender war es, daß es geschah und ein SPD-Politiker die Lobrede hielt - Wolfgang Clement. Das paßte gut, weil der Preisträger Notker Wolf in der Öffentlichkeit vor allem durch Beiträge zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik aufgefallen war. Die Hartz IV-Reform Clements, Schröders und Steinmeiers bildete denn auch die Hintergrundfolie, vor der Clement Wolf lobte. Er schloß mit einem Zitat Brandts, mit dem dieser sich aus der öffentlichen Politik zurückzog und das er seiner SPD als Vermächtnis ins Stammbuch schrieb:
Nach dem FRIEDEN sei für ihn die FREIHEIT stets das Wichtigste gewesen.
Daran konnte Wolf in seiner Dankesrede nahtlos anknüpfen. Die Arbeit sichere die Freiheit der Person, während die Fürsorge leicht abhängig mache. Die wenigen Regeln Benedikts hätten mehr zu Freiheit und Wohlstand Europas beigetragen als die abertausend Steuerparagraphen der Gegenwart, allen voran die Hauptregel des Ordens "Bete und arbeite". Diese frühe Hinwendung des Ordensgründers zum Selbsterhalt durch Arbeit sei ein wesentlicher Impuls des Christentums zur europäischen Kultur gewesen, einer, der sich materiell und spirituell segensreich ausgewirkt habe. Hilfe für den Einzelnen solle auch heute auf die Arbeit setzen, die die Lebenstüchtigkeit des Menschen erhalte, und zwar unabhängig von der Lohnhöhe, die zweitrangig sei.
Wolf sprach klar und einfach, ohne Schnörkel, dabei mit einem freundlich-optimistischen Unterton, der angenehm berührte und der fern war von der üblichen evangelischen Sozialarbeiterpredigt.
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