Dienstag, 12. Juli 2011
Geh'mer Kindergärten abfackeln im Park
Stimmt bestimmt - aber nicht bei freudianischen Onkels. Dort wird die Neurose lange Jahre gepflegt und gepäppelt.
(Vgl. Dieter E. Zimmer, Tiefenschwindel u.a.)
Mit nur 26 Jahren verstarb die Schauspielerin Maria Kwiatkowsky. Vor ein paar Jahren war sie zu 2 Jahren Jugendstrafe verurteilt worden und zu 400.000€ Schadensersatz, weil sie nachts in einem Kindergarten aus "Frustration" Feuer gelegt hatte. Ein psychiatrischer Fall also.
Ein Fall, theoretisch, auch für :
Prof. Dr. Martin Brüne. Er studierte Humanmedizin an der Universität Münster. 1989 promovierte er. Nach der Ausbildung
zum Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie
folgte 2000 die Habilitation „Evolutionsbiologische Aspekte
psychotischer Störungen am Beispiel der Erotomanie“. Seit 1998 arbeitet
er am Universitätsklinikum Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte
liegen u.a. in der Evolutionären Psychologie und der Psychopathologie.
Der nette Herr Brüne hielt gerade einen Vortrag zum Thema *Evolutionstheoretische Überlegungen zum Verständnis psychischer
Erkrankungen*.
Seine Ausführungen waren nicht uninteressant, hatten aber mit dem Thema weiter nichts zu tun und es fehlte ihnen insgesamt "das geistige Band", was er durch viele Folien in seinem Präsentationprogramm überspielte. (Wie mag der promoviert haben?)
Von weit kam kurz das Thema in Sicht durch Zitierung des bekannten Dobzhansky-Ausspruchs, daß nichts in der Biologie Sinn mache, wenn nicht aus evolutionärer Perspektive betrachtet. Da läßt sich natürlich fragen, welchen Sinn solche Generalaussprüche erzeugen. Wäre Edward Jenner bei den Pocken weitergekommen, wenn er sich mit solchem Kakao abgegeben hätte? Oder Semmelweis beim Kindbettfieber etc. Die Medizin macht den für den Menschen interessantesten Bereich der Biologie aus. Es gibt einen Grad von Abstraktheit, der sich gut in Vorworten verwenden läßt, aber sonst nicht viel taugt, außer für theoretische Überlegungen von Theoretikern.
Aber auch das funktioniert nicht, wie Brüne demonstrierte.
Man kann sich also nur den Dingen konkret zuwenden, empirisch. Darin liegt der Grund, warum Forscher forschen und Hypothesen bilden, aber sich nicht von einem expliziten Theorierahmen leiten lassen.
Im Falle der Kwiatkowsky hätte keine Diagnose aus einer evolutionären Perspektive gestellt werden können, ob überhaupt in der vom Gericht verordneten Psychotherapie ein sinnvolle Diagnose gestellt wurde, wäre zu überprüfen. Schauspielern könnte man eine Neigung zu freudianischem Käse unterstellen.
Aber auch für ernsthafte, naturwissenschaftlich orientierte Psychiater bleibt eine konkrete Diagnose schwierig im großen Formenkreis der Psychosen. Daß die alle etwas mit dem vergleichsweise großen Gehirn des Menschen zu tun haben, das wiederum ein Produkt der Säugetierentwicklung darstellt, das ist eine triviale Feststellung und keine fruchtbare evolutionäre Perspektive.
Ja, die Psychiater haben es schwer, schwerer etwa als die Orthopäden. Das liegt an der undurchschauten Komplexität des Gehirns. Man muß ihnen da Kredit geben. Sie sollten es aber vermeiden, sich durch wirre Vorträge auch noch zu blamieren.
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