Donnerstag, 19. April 2012
Die Chemie muß stimmen
Wer läuft denn da im Park herum?
Ottilie mit Eduard und dem Hauptmann? (Auf dem Weg vor Goethes Gartenhaus in Weimar, anonymer Stich)
Die Protestanten waren auch chemisch aktiv, jedenfalls gleich drei in Uppsala: Johan Gottschalk Wallerius, Torbern Bergman und Jöns Jakob Berzelius, in zeitlicher Reihenfolge. Bergman lebte von 1735 bis 1784, war also etwas jünger als Goethe, der 1749 ins Frankfurter Licht expediert wurde. Die meisten Dissertationen taugen ja nicht viel, siehe Goethes 56 Sätze oder acht Seiten in der Rechtswissenschaft.
Bergman legte 1775 etwas Wertvolleres vor: Disquisitio de Attractionibus Electivis (Abhandlung über Verwandtschaftskräfte). Die war so anregend, daß Goethe sie las, als sie 1782 in deutscher Übersetzung mit dem Titel “Wahlverwandtschaften” erschien. Nicht jeder Stoff verbindet sich mit jedem, Helium ist sehr träge, Sauerstoff verbindet sich mit allem und jedem. So ähnlich wie die Jenenser Romantiker sozusagen, die in Goethes Weimarer Nachbarschaft schrieben und lebten.
Goethe beobachtete sie, er hatte ja zeitweilig ein Universitätsamt in Jena inne, und die anthropologischen Verbindungseigenschaften interessierten ihn ohnehin. Da war denn der Roman “Die Wahlverwandtschaften” nicht mehr weit weg, Goethe verband sich mit dem Stoff und erfand den Baron Eduard, seine Gattin Charlotte, den befreundeten Hauptmann Otto und die Nichte Ottilie. Diese Os sind bindungsfreudig und da reagiert dann manches.
Der Chemiker Wolfram Sander von der Uni Bochum wies in seinem Vortrag “Von schwachen Wechselwirkungen und starken Bindungen” (18.4.12 AdW) auf Goethes Lektüre hin.
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