Sonntag, 22. Juli 2012
Kam ihm chinesisch vor
“Die Rolle von Prüfungsaufsätzen bei der Rekrutierung hochrangiger Beamter der Tang-Zeit (618-907)” war das Thema des Münsteraner Sinologen Reinhard Emmerich in der Akademie d. Wiss. in Düsseldorf am 18.7.12.
Es handelte sich dabei um kleine Ausarbeitungen, ungefähr im Umfang einer A4-Seite, zu juristisch-kulturellen Fragen etwa von der Art, wie mit einem Beamten zu verfahren sei, der seine Herkunft gefälscht, aber seinen Dienst ordentlich versehen habe. Neben dem Inhalt erfolgte eine Bewertung nach Benehmen, Sprache und Schrift-Beherrschung.
Bai Juyi (772-846), Lyriker, bereitete sich 803 mit einer Sammlung von Prüfungsaufsätzen auf sein Beamten-Examen vor, das ihm den Weg zum Mandarin öffnete.
Max Weber sprach in diesem Zusammenhang von der Beamtenrekrutierung nach dem Kriterium literarischer Bildung und wies darauf hin, daß eine Kompetenzaufspaltung durch solche “Kulturexamen” behindert wurde und sich kein Fachbeamtentum wie in England entwickeln konnte. Dort nahm mit der Schaffung des Schatzamtes und des Exchequers sowie der Sheriffs im 11. Jahrhundert die Entwicklung eines Fachbeamtentums seinen Anfang, an deren Ende die “rationale Staatsanstalt” der Moderne steht. Eine rechtsförmige Bürokratie verleiht dem Staat mit einer gewissen Unabhängigkeit von den jeweiligen Machthabern jene Stabilität, die vor dem Staatsversagen bewahrt.
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