„Oh glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Daß von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!“
G., Faust I, V. 1775ff.
„Alle Literatur ist bürgerlich. Bei uns. Auch wenn sie sich
noch so antibürgerlich gebärdet. Arbeiter kommen in ihr vor wie Gänseblümchen,
Ägypter, Sonnenstaub, Kreuzritter und Kondensstreifen. Arbeiter kommen in ihr
vor. Mehr nicht. Hier, in diesem Buch, kommen sie zu Wort.“
Das schrieb der Martin Walser der Erika Runge 1968 in ihr
Interviewbuch „Bottroper Protokolle“. Das Buch hatte er auch, nach Angaben
Runges, bei Suhrkamp vermittelt. Walser selbst machte dann einen Versuch in
seinem Roman „Seelenarbeit“, so etwas wie einen Arbeiter zur Hauptfigur zu
machen. Aber der Chef-Chauffeur Zürn mutete doch eher an wie Martin Walser mit
Fahrermütze. Runges Interviews verkauften sich rasant, ganze Schulklassen lasen
sie. Sie waren auch nicht uninteressant, so wie Lebensläufe aller Art
interessant sein können. Weit entfernt allerdings sind die Putzfrau Maria B.
und der Verkäufer Dieter V. und die anderen von Runge Porträtierten von
Walser’schen Dauerreflektierern, die viel zu fühlen, zu denken und zu sagen
haben und dem Autor Spielraum geben. Oder die gerade dazu erfunden werden,
Sprachrohr und Demonstrationsobjekt zu sein. Man denke nur an den „Faust“,
Goethes Figur, die weit in die Literatur und in die deutschen Lande
hinausstrahlte, bis heute, wenn auch schwächer werdend. Ja, bei Goethe, der am
28.8.1749 in Frankfurt geboren wurde, kamen auch keine Arbeiter vor.
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