Donnerstag, 9. August 2012
Von Calw nach Montagnola
Halb so wild -
Umschlaggestalter Piatti hat das Buch nicht gelesen
“Was er aber nicht gelernt hatte, war dies: mit sich und seinem Leben zufrieden zu sein.”
Das war ihm nicht in die Wiege gelegt, es war nicht Inhalt seiner Erziehung und er erreichte es auch nicht in Montagnola. Dort starb Hermann Hesse am 9.8.1962 im Sommer des Tessins passend mit den “Bekenntnissen” des Augustinus in der Hand. Der hatte nach Wirren der Jugend seine katholische Berufung als Kirchenintellektueller gefunden, was Hesse nicht vergönnt war: er blieb ein zerrissener, protestantisch geprägter Unzufriedener, wenn ihn auch buddhistische Einflüsse und das Alter etwas befriedeten. Aber Innerlichkeit, die sich stets latent bedroht fühlt und sich rechtfertigend vergewissern muß, die hat wenig Talent zur selbstzufriedenen Entspannung. Sie gibt aber eine Triebfeder ab, tätig zu sein und Zerrissenheiten zu gestalten, im “DEMIAN”, “Narziß und Goldmund”, “Siddartha” und eben auch im “Steppenwolf”, aus dem das obige Zitat stammt. Dieser Roman von 1927 erfuhr im Amerika der Hippiebewegung eine Renaissance aus groteskem Mißverstehen, die dem letzten Roman “Das Glasperlenspiel” erspart blieb. Wie Augustinus nähert er sich dort der hierarchisch verfaßten Ordenswelt, in der der Einzelne nach geistigen Maßstäben bewertet, gefördert und dirigiert wird. In der Ablehnung der Demokratie erinnert das Buch ebenfalls an die jesuitische Romanfigur Naphta aus der Welt eines anderen Autors mit protestantischem Hintergrund, des befreundeten Thomas Mann. Der ist als Gegenspieler des Volks- und Fortschrittsfreundes Settembrini allerdings ein dunkler Freund der Diktatur, während in Hesses utopischem Glasperlenspielerland Kastalien eine merkwürdige Einheit des Geistes herrscht, die musikalisch fundiert ist von Bach und Mozart.
Hesse und Mann sind Autoren, die eine noch andauernde Lücke hinterließen, scheint mir.
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