Mathematik ist eine schöne Sache. Angewandte Mathematik ist noch schöner. Kein Zweifel. Aber sie ist eine Geisteswissenschaft. Es fehlen ihr beide Beine, dafür ist der Kopf etwas größer. Als die Römer Syrakus einnahmen, so erzählt die Legende, habe Archimedes gerade Geometrie im Sand betrieben und einen unfreundlichen Legionär aufgefordert, seine Kreise nicht zu stören. Offenbar besaß der militante Mann keinen Sinn für Geometrie und erschlug Archimedes. Luftig frei sind mathematische Konstruktionen, aber hart im Raume stoßen sich die Sachen, könnte man mit Schiller anmerken.
Da erging es Achilles Macris besser. Er entwarf aber nicht im Sandkasten geometrische Figuren, sondern komplexe Finanzprodukte bei Dresdner Kleinwort, wo ein großer Verlust im Kapitalmarktgeschäft des Investmentbankings entstand. Mitverantwortlich war Macris, “ein Finanzgenie, ein hochkarätiger mathematischer Fachmann, der komplexe strukturierte Produkte konzipieren konnte, vor allem Derivate”, so Kollegen über ihn. (FAZ 19.5.12)
Die Allianz, zu der die Dresdner Kleinwort 2006 gehörte, reduzierte das Derivategeschäft, und der fixe Finanzmathematiker wechselte zu J.P. Morgan. Dort baute er eine Gesamtposition von 100 Mrd. USD auf, ja, und dann war so einiges los 2008, nämlich die von den famosen Finanzmathematikern nicht ganz richtig berechnete Finanzkrise, die immer noch nicht gänzlich überwunden ist. In den USA waren ebenfalls mutige Mathematiker tätig, die wunderbare Körbe von zweitrangigen Häuser-Krediten ausgeklügelt hatten. Alles sauber berechnet, sagten sie, und verwiesen auf ihre Mathe-Diplome.
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