Montag, 3. November 2014

Zu doof für Sprache






Ernst Mayr als Büste in Berlin 
(Avda, Wiki.)






Bonobos und Schimpansen sind nicht völlig dumm und verfügen auch über eine Kommunikation mit ihren Gruppengenossen. Sie ist aber so klein ausgelegt, daß nur die Grunderfordernisse der Einzeltiere und der Gruppe bedient werden. Grunzen, Warn- und Kriegslaute - sehr viel mehr ist es nicht. Nicht einmal zum Smalltalk über das Wetter reicht es. Sie sind vergleichsweise so doof, daß sie keine, auch noch so kleine Sprache entwickelt hätten. Zu wenig haben sie sich mitzuteilen. Sie suchen ihren Vorteil ganz direkt und konkret - über die Welt oder die Vettern außerhalb des Gesichtskreises teilen sie sich nichts mit. Zu einer Arbeitsteilung sind sie zu dumm.
Ganz anders der Primat Mensch, der sich schon als Säugling der Mutter mitteilen will und es deiktisch tut. Bei erwachsenen Exemplaren läßt sich sogar oftmals eine Mitteilungs- und Schwatzsucht diagnostizieren, grenzenloses Bücherschreiben inbegriffen. Der Evolutionsbiologe Ernst Mayr schrieb noch mit neunzig, bis zum Umfallen.
Weil zu dumm - Volker Sommer und Frans de Waal einmal weghören - weil so dumm, läßt sich von unseren haarigen Vettern auch praktisch nichts lernen. Primatologe Michael Tomasello - im Gegensatz zu Frans de Waal - sieht das ganz ähnlich.
Aber am Seil klettern, da sind sie gut, die Menschenaffen, da sind sie sogar besser als die Menschen. Sonst ganz trübe Tassen.

(Michael Tomasello: Eine Naturgeschichte des menschlichen Denkens. 2014)







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