Sonntag, 7. Dezember 2014

Die älteste Denkfigur






Die goldene Burg der Zentralmacht (Bild: Wiki./Минеева Ю. (Julmin) (retouched by Surendil) )




Von dem, was einer hat

Richtig und schön hat der große Glückseligkeitslehrer Epikuros die menschlichen Bedürfnisse in drei Klassen geteilt. Erstlich, die natürlichen und die notwendigen: es sind die, welche, wenn nicht befriedigt, Schmerz verursachen. Folglich gehört hierher nur Ernährung und Kleidung. Sie sind leicht zu befriedigen. Zweitens, die natürlichen, jedoch nicht notwendigen: es ist das Bedürfnis der Geschlechtsbefriedigung; wiewohl Epikur dies im Berichte des Laertius nicht ausspricht. Dieses Bedürfnis zu befriedigen, hält schon schwerer. Drittens, die weder natürlichen noch notwendigen: es sind die des Luxus, der Üppigkeit, des Prunkes und Glanzes: sie sind endlos und ihre Befriedigung ist sehr schwer.” 
Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit, 3. Kapitel (5)

Die ersten beiden Güterklassen haben eine natürliche Grenze eingebaut, die dritte Klasse nicht. Daher haben die Taschenspieler der Politik hier einen Einkommens-Automatismus installiert, den relativen Durchschnittswert, der ihnen eine endlose Neidpropaganda erlaubt. Doch die ursprüngliche, primitive Grundfigur der MEHR IST MEHR ist immer wirksam, schon am Schweinetrog gibt es Gedränge und die zunehmende Fettleibigkeit bei denen, die ihren Freßimpuls nicht zügeln können, spricht die gleiche Sprache. Zu den Luxusgütern der dritten Kategorie gehören auch die Siege im Sport, womit die Athleten ihren Körper schädigen. So lange sie ihre Kreuzbandrisse, Knochenbrüche und Hirnschädigungen selbst bezahlen, kann man ihre Siegessucht als private Angelegenheit betrachten. Doch glänzt der Siegesruhm weithin und spornt schlichte Gemüter zur Nachahmung an. Brandgefährlich wird die Ruhmsucht im Bereich der Außenpolitik. Schon früh unterwarfen die spanischen, französischen und englischen Könige nicht nur den Hochadel in ihren Ländern und machten sich zu “Sonnenkönigen”, sie griffen stets auch über ihre Grenzen hinaus, weit darüber hinaus in die Welt und errichteten große Kolonialreiche. Unterstützt wurden sie darin durch die nationalistischen Kreise ihrer Gesellschaften. Sie überdehnten ihre Möglichkeiten und verursachten zahlreiche Kriege. Der russische Wahnsinnstraum von einem großen ostasiatischen Reich nach der Besetzung der Mandschurei führte 1904 zum russisch-japanischen Krieg. Im üppigen Goldglanz des Kremls heute stehen die Zeichen wieder auf MEHR IST MEHR.









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