Samstag, 10. Januar 2015
Clement: "Es gibt schon seit geraumer Zeit keine einzige größere Investition aus dem Bereich der energieintensiven Industrie mehr in Deutschland, die meisten gingen und gehen stattdessen in die USA. So sieht De-Industrialisierung aus!"
Wolfgang Clement, ehemaliger SPD-Ministerpräsident in NRW, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie Architekt der "Agenda 2010", wurde 2014 mit dem "Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik geehrt. Er bedankte sich mit einer Rede:
„ Es ist in meiner Wahrnehmung so, dass
bisherige, sehr wohl auch allgemein respektierte
Grenzen des Staatshandelns eben
nicht mehr respektiert, ja auch direkt
ignoriert werden. Der Staat dringt immer
weiter in die private, in die unternehmerische
Sphäre vor.“
"Ich danke Ihnen, Herr Tichy, als Vorstandsvorsitzendem der Ludwig-ErhardStiftung,
und Ihnen, Frau Göbel, sowie der Jury, der Sie angehören, für diese
Auszeichnung, über die ich mich von Herzen freue.
Sie haben Recht, Herr Tichy, es waren wirklich spannende Zeiten, als hier in
Berlin Reformpolitik stattfand. Und es war ja auch gut, dass die Politik sich –
wenn auch nur kurzzeitig – einmal zu der Erkenntnis durchrang, dass Wirtschaft
und Arbeit zusammengehören.
Ich empfinde es als Ehre, mit einem Preis ausgezeichnet zu werden, der auf
Ludwig Erhard zurückgeht und der bisher zwei meiner Vorgänger im Amt des
Bundeswirtschaftsministers, nämlich Karl Schiller und Otto Graf Lambsdorff,
auszeichnete.
Ich beginne mit einem Geständnis, indem ich einräume, dass ich als ein von der
Industriegeschichte des Ruhrgebiets geprägter Mensch erst Schritt für Schritt
auf den Pfad dieses für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung
unseres Landes so bedeutsamen Politikmodells gelangt bin – dafür aber, was
nicht zuletzt im Ringen um die Agenda 2010 und die damit verbundenen Arbeitsmarktreformen
deutlich wurde, umso bewusster und wohl auch umso
prinzipieller. ...
De-Industrialisierung als Folge der Energiewende
Diese Energiewende ist mittlerweile, was absehbar war, zu einer komplett
staatswirtschaftlichen Veranstaltung geworden, an deren Beginn ein enteignungsgleicher
Eingriff in das Eigentum von Stromlieferanten stand, und die
sich bis heute zu einer Regulierungs- und Subventionsmaschinerie bis dato
in Westdeutschland nie dagewesenen Ausmaßes entwickelt hat, welche nun
immer weitere Interventions- und Subventionstatbestände gebiert.
Die damit in Gang gesetzte Preisspirale und mehr noch die nicht mehr gegebene
Verlässlichkeit der energiepolitischen Rechtslage gefährden längst einen
der wichtigsten Motoren unserer – noch – gegebenen Wirtschaftskraft, nämlich
die Industrie. Es gibt schon seit geraumer Zeit keine einzige größere Investition
aus dem Bereich der energieintensiven Industrie mehr in Deutschland,
die meisten gingen und gehen stattdessen in die USA. So sieht De-Industrialisierung
aus!
Ich bin überzeugt: Eine nationale Energiewende im gemeinsamen Europa ist
schon energierechtlich, aber erst recht faktisch halsbrecherisch. Das erleben
wir jetzt. Den Ausweg bietet ein funktionsfähiges europäisches Emissionshandelssystem
– das ist wirklich marktwirtschaftlich –, und zwar möglichst Hand
in Hand mit einem raschen, privat finanzierten europäischen Leitungsnetz. Das
wäre wirklich ein Wachstumsprogramm und mit abgestimmter Regulierung
der erneuerbaren Energien, das heißt mit Subventionen in Forschung und Entwicklung,
statt mit Dauersubventionen in sämtliche erneuerbaren Energien. ... "
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Dezember 2014, S. 61ff.
Vielleicht stößt Clement noch zu der Einsicht vor, daß CO2 ganz harmlos ist und daher auch ein europäisches Emissionshandelssystem überflüssig ist. Der EU-Wirtschaft geht es nicht so gut, daß sie sich solche Sperenzchen leisten könnte.
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