Mittwoch, 3. August 2016

Die Bachs, Bernoullis und Eysencks










Mit dem Müller Veit Bach fing es im 16. Jahrhundert an. Er lebte von etwa 1550 bis 1619. Und wurde Ahne jener Bachs, die man heute noch kennt und spielt: Johann Sebastian (1685-1750) und seine Söhne Joh. Chr. Friedrich, Joh. Christian, Wilhelm Friedemann und Carl Phil. Emanuel, die zu ihrer Zeit europaweit bekannter waren als der heute als bedeutender eingeschätzte Vater. Unter den fast 50 musikalisch begabten Bach-Vertretern sind es nur diese 5, die nicht nur Begabung erbten, sondern auch musikalisches Genie, ausgewiesen durch ihre Kompositionen.
Ein Instrument zu erlernen, das könnten die meisten; die wenigsten schaffen es. Noch viel weniger haben das Talent zum Soloinstrument, und kaum einer schafft es zu einer Spitzenkarriere der Klasse Paganini und Liszt. Diese beiden komponierten zudem wie die Bachs, das ist die Geniespitze. Was befähigt dazu? Zweifellos das ererbte Talent, wie es in der ganzen Bachfamilie vorhanden war. Diese Vererbung ist auch allgemein bekannt, ob bei Vollblutpferden, den Bernoullis oder Mozarts. Was aber macht den Unterschied zwischen einer Spitzenbegabung wie Salieri und einer Hyperbegabung wie Mozart? Sicher nicht das Üben und die goldenen Worte der Gönner und Kritiker. Die sind nur hilfreich, aber von untergeordneter Bedeutung. Talente wie Charles Ives komponieren auch für die Schublade. Und wer hat nicht darüber gelacht, daß der Dozent dem jungen Jagger gesagt haben soll, er möge ruhig seine Musik machen, aber sich doch nicht einbilden, damit Geld verdienen zu können?
Zurück zu Johann Sebastian, Ludwig van und Wolfgang Amadé. Hier dürfte der Begriff der “Emergenz” hilfreich sein. Je mehr positive Gene im Hinblick auf die spezielle Begabung zusammentreffen - das könnten sehr viele sein - desto stärker fällt die Begabungsaufladung aus. Ein guter Läufer braucht nicht nur die entsprechende Lauf-Muskulatur, sondern auch einen günstigen Körperbau, Lungenvolumen und viele rote Blutkörperchen für den chemischen Sauerstofftransport - und diese Teilleistungen ließen sich weiter zerlegen wie bei allen anderen Begabungsfeldern auch. “Emergent” daran ist, daß sich eine hohe Zahl von Teilleistungen gegenseitig steigern. Das ist aber der unwahrscheinliche Fall und wird in dieser Leistungsdichte nicht vererbt. Der Psychologe nennt es die “Regression zur Mitte”. Launig setzte Hans Jürgen Eysenck unter die Buch-Widmung an seine Kinder Gary, Connie, Kevin und Darrin den Wunsch: “in der Hoffnung, daß die genetische Regression zum Mittelmäßigen ihnen nicht allzusehr mitgespielt hat!” (Eysenck, Die Ungleichheit der Menschen, London 1973)
Ausgewirkt hat sie sich aber, wie bei den Bachs auch, den Bernoullis und Weizsäckers. Ein ferner Nachfahre von Johann Sebastian, der Texaner Dwight Back, hat nur noch die CDs des Altvorderen im Regal. Seine Schwester ist immerhin noch sonntags Organistin.  
Doch die “Regression zur Mitte” wirkt nicht nur in eine Richtung. Die “Progression zur Mitte” ist die andere Seite. Sehr intelligente Eltern haben tendenziell weniger intelligente Kinder. Und ganz unintelligente Eltern haben tendenziell intelligentere Kinder. Da kann man nicht meckern.











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