Samstag, 11. Februar 2017

Herder, Weber und Collier sehen das ganz ähnlich


Es gibt diejenigen, die für die Politik leben, meinte Max Weber, und diejenigen, die von der Politik leben. Herr Martin Schulz zum Beispiel hat mit rund 20.000 Euro monatlich sehr gut von der Brüsseler Politik gelebt, von der Politik, die Deutschland in Europa auflösen will.

HERDER

Der Patriot

Von allen Helden, die der Welt
Als ewige Gestirne glänzen,
Durch alle Gegenden bis an der Erde Grenzen,
O Patriot, bist du mein Held.

Der du, von Menschen oft verkannt,
Dich ganz dem Vaterlande schenkest,
Nur seine Leiden fühlst, nur seine Größe denkest,
Und lebst und stirbst fürs Vaterland.

Umsonst sucht von der Tugend Bahn
Der Eigennutz dich zu verdrängen,
Und führet wider dich, mit Jauchzen und Gesängen,
Die lockende Verführung an;

Und ihr Gefolg, die güldne Pracht,
Den stolzen Reichtum, mit der Ehre,
Die Pfauenflügel schwingt, und einem Freudenheere,
Das um die süße Wollust lacht.

Siegprangender als Cäsar war,
Schlägt sich durch diesen furchtbarn Haufen
Die große Seele durch, mit Gold nicht zu erkaufen,
Nicht zu erschüttern durch Gefahr.

Denn wie ein Fels, der unbewegt,
Wann Wogen sich auf Wogen türmen,
Im Ozeane steht und ruhig in den Stürmen
Den ganzen Zorn des Himmels trägt:

So stehest du mit festem Mut
Und trotzest, ohne Freund, verlassen,
Dem Grimm der Mächtigen, der Bösen, die dich hassen,
Und ihrer ungerechten Wut.

Das Vaterland beglückt zu sehn,
Ist dir die göttlichste der Freuden,
Ist dir Ambrosia, selbst in dem härtsten Leiden,
Wann Bürger dich undankbar schmähn.

Bis dich der Himmel wieder ruft,
Die lichte Wohnung wahrer Helden,
Und wer du warest, einst des Volkes Tränen melden,
Verströmt um deine stille Gruft.

Unrühmlich, unbeweint im Tod,
Vermodern in vergeßnen Höhlen
Die Bürger schlimmer Art, in deren kleinen Seelen
Nur niedrer Eigennutz gebot.

Die Schändlichen! Das Vaterland,
Das ihnen, was sie hatten, Leben,
Ruh, Ehr und Überfluß und sichre Lust gegeben,
Bat hülflos mit erhobner Hand;

Sie aber wichen scheu zurück,
Und nützten den erzürnten Himmel
Zu häßlichem Gewinn, und dachten im Getümmel
Nur sich und ihres Hauses Glück.

Ihr Haus entflieht der Rache nicht,
Die endlich den Verbrecher findet:
Was mit verruchter Hand ein Bösewicht gegründet,
Zerstört ein andrer Bösewicht.

Des Bürgers Glück blüht mit dem Staat,
Und Staaten blühn durch Patrioten.
Athen besiegten Stolz und Eigennutz und Rotten,
Noch eh es Philipps Ehrsucht tat.

Und so fiel Rom, die Königin
Der Könige von allen Zonen,
Von ihrem Thron gestürzt; und ihre güldnen Kronen
Nahm ein erkaufter Barbar hin.

Oft wann in schauervoller Nacht
Ihr Schutzgeist ihren Schutt umflieget,
Stillschweigend übersieht, wie Rom im Staube lieget,
In Trümmern seiner alten Pracht;

Und dann die großen Taten denkt,
Die sein geliebtes Volk vollbrachte,
So lang fürs Vaterland der Bürger Liebe wachte,
Von niedrer Absicht unbeschränkt;

Als alles fremden Goldes Feind,
Ein Curius und Scipione
Und die Fabricier und männliche Catone
Noch lebten, mit dem Staat vereint;

Dann klagt er laut: »Sie sind nicht mehr!«
Des Kolosseums öde Mauern
Beginnen, rund umher antwortend, mit zu trauern,
Tiefbrausend wie ein stürmisch Meer.

»Sie sind nicht mehr, und Rom starb nach!
Erhoben durch die Patrioten,
Fiel mein geliebtes Rom, als allen Bürgerrotten
Ein patriotisch Herz gebrach.«

Daß dieser Fall der großen Stadt
Die sicher-stolzen Völker lehre,
Der größte Staat sei schwach, der ungezählte Heere,
Doch keine Patrioten hat.


Herder schätzt den Patrioten, dem er hier ein geschichtsphilosophisches Gedicht widmet. Der Ton ist der der Zeit, des ausgehenden 18. Jahrhunderts, er ist veraltet, aber der Inhalt ist nicht ungültig geworden.
Das Gedicht steht in der Ersten Sammlung der “Briefe zur Beförderung der Humanität”. Und die beginnt - überraschend - mit einer Würdigung Benjamin Franklins, den Herder in seiner vielfältigen Begabung als Politiker und Erfinder zum Vorbild setzt. Herder mag dabei vor Augen gestanden haben, daß Amerika vor einer ähnlichen Aufgabe stand wie die deutschen Länder, nämlich aus vielen Landesteilen eine Nation zu formen. Das gelang, auch, weil es Patrioten wie Benjamin Franklin und Johann Gottlieb Herder gab.
Ist der Patriotismus heute überholt?
Der Oxforder Migrationsforscher und Entwicklungsökonom Paul Collier scheint nicht dieser Auffassung zu sein, er schreibt eingangs seines Buches “EXODUS, Warum wir Einwanderung neu regeln müssen”:
„Ein Lebensstil wie der meiner Familie (englisch, niederländisch-italienisch, amerikanisch, WD) ist auf potentiell parasitäre Weise von denjenigen abhängig, deren Indentität fest verwurzelt ist und die dadurch lebensfähige Gesellschaften bilden ... In den Ländern, mit denen ich mich beruflich beschäftige – den multikulturellen Gesellschaften Afrikas – hat eine schwache nationale Identität offensichtlich die entgegengesetzten Folgen.“ (Collier, Exodus, S. 11)


Das heißt, daß Gesellschaften ihre Lebensfähigkeit einbüßen und scheitern können.





















Keine Kommentare: