Poppers drei Welten
(aus: Eberhard Döring, Karl Popper, Einführung in Leben und Werk, S. 137)
Die Wissenschaftsgeschichte ist eine Geschichte von Irrtümern. Und vorläufigen Erkenntnissen. Teilweise grundlegenden Fortschritten. Die niemand missen möchte. Aber die Erkenntnisgewinne verteilen sich recht ungleichmäßig.
Popper teilte die Erkenntnisgegenstände 3 Welten zu, was einen großen Fortschritt darstellt.
- In der Welt 1 herrschen relativ einfache Erkenntnisbedingungen, zwar ist “das Ding an sich” nicht erkennbar (Kant), aber man kann experimentieren und auf diese Weise systematisch Eigenschaften, etwa von Wasserstoff, in Erfahrung bringen. Beweisen kann man nichts , aber widerlegen. Solange etwas nicht widerlegt ist, kann man damit arbeiten und es als richtig betrachten (Fallibilismus).
- In Welt 2 wird der Blick und das Erkennen gelenkt von den vielen Gedächtnisinhalten, die ein Mensch im Laufe vieler Jahre abgespeichert hat. Daher sehen die Menschen sehr unterschiedlich. Experimente zur Klärung von Sachverhalten sind nur eingeschränkt möglich, etwa auf der Mikro-Ebene der Psyche, bei Phänomenen wie Obrigkeitsgläubigkeit (Zimbardo, Jerry Burger), Halo-Effekt, Erkenntnisillusion, Ego-Depletion (Tversky, Kahneman).
- Welt 3 schließlich beinhaltet Abstraktionen und Theorien. In dieser Welt der Abstrakta herrscht besondere Unübersichtlichkeit und Verwirrung. Alles ist dort möglich an blühendem Unsinn, ob Platons totalitärer Philosophenkönig, die Sklaven-und-Herrenmenschen-Anschauung des Aristoteles, die Offenbarungs-Religionen, der religionsähnliche Marxismus oder der übel-phantastische Freudianismus. Und wer von solch einer Theorie besessen ist, der sieht alles aus einem bestimmten Blickwinkel, aus dem beobachtet vieles eben nicht sichtbar ist.
Die Blickwinkelproblematik hat Niklas Luhmann (auch Maturana) besonders intensiv untersucht mit beachtlichen Ergebnissen.
Erkennen ist problematisch, unsicher und vorläufig. Siehe die Linksintellektuellen auf den Killing Fields bei Pol Pot (Fröberg Idling, Enquist, Jan Myrdal, Hedda Ekkerwald, Chomsky). Auf den Begriff der “Wahrheit” sollte man deswegen besser verzichten, oder ihn auf mathematische Beweise beschränken, weil er leicht suggeriert, daß eine Meinung, ein Standpunkt, eine Theorie “wahr” sein könnte. Es herrschen aber immer nur die Perspektive und die Vorläufigkeit.
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