“Die liberale Doktrin der Selbstbestimmung der Völker wurde 1916 von Woodrow Wilson in einer Rede festgeschrieben … Robert Lansing, Wilsons eigener Außenminister … in sein Tagebuch:
‘In der Formulierung steckt viel Dynamik. Sie weckt Hoffnungen, die sich nie erfüllen können. Ich fürchte, sie wird Tausende von Menschenleben kosten. …’”
So geschah es. Wenn jede Chauvinistenbande - in Katalonien gibt es offenbar mehrere davon - ihr Chauvinistensüppchen auf Kosten einer geglückten Nationenbildung aufheizen kann, dann droht Unheil für die ganze Nation, die eben aus dem Zusammenwachsen verschiedener Stämme und Regionen entstanden ist. Madrid hat vermutlich dem Treiben der regionalen Giftmischer zu lange zugesehen. Regression ist leider immer einfacher als nationale Reifung. Mises hat diese Dynamik nicht durchschaut, Lansing dagegen hat offenbar einfach auf die mitteleuropäischen Siedlungsgebiete geblickt mit ihren vielen Vermischungen, Enklaven und Exklaven. Nach 1918 begannen dort die blutigen Kämpfe zur Vorbereitung der Völkerbundsabstimmungen, die durch Massaker und Vertreibung gefälscht wurden und schließlich zum nächsten Krieg führten. Lansing: “Man denke nur an die Gefühle des Autors (Wilson, WD), wenn er die Toten zählt, die gestorben sind, weil er eine Formulierung geäußert hat!”
Pinker, Gewalt, S. 364f. / Selbstbestimmung als Sprengstoff: zit. in D.P. Moynihan, Pandaemonium: Ethnicity in international politics, 1993, S. 83
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