Gracian
8. Leidenschaftslos sein: eine Eigenschaft der höchsten Geistesgröße, deren Ueberlegenheit selbst sie loskauft vom Joche gemeiner äußerer Eindrücke. Keine höhere Herrschaft, als die über sich selbst und über seine Affekten: sie wird zum Triumph des freien Willens. Sollte aber jemals die Leidenschaft sich der Person bemächtigen; so darf sie doch nie sich an das Amt wagen, und um so weniger, je höher solches ist. Dies ist eine edle Art, sich Verdrießlichkeiten zu ersparen, ja sogar auf dem kürzesten Wege zu Ansehn zu gelangen.
Gracian, Balthasar. Gracian's Orakel der Weltklugheit (German Edition) (S.8). Kindle-Version.
Wenn das denn ginge!
Als Theologe pflegt Gracian ein bodenloses Denken ohne Anbindung an die Biologie. Der Mensch - wie alle Säugetiere - wird durch Gefühle und Leidenschaften gesteuert. Auch der Verstand, der aber beim Menschen weit entwickelter ist als beim Schimpansen, doch nie für einen "freien Willen" steht. Das hat sein Gutes, denn es gibt keinen Unsinn und keine Destruktivität, in die sich der Verstand nicht verrennen kann.
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