Yuval Noah Harari, seines Zeichens israelischer Historiker, scheint die Geschichte nicht mehr so spannend zu finden. Das kann man daraus schließen, daß er sich mit seinem neuen Buch “21 Lektionen für das 21. Jahrhundert” der Zukunft zuwendet. Dazu gibt es schon den alten Schlager QUE SERA, SERA, und Wallenstein ließ sich zur Entscheidungshilfe für seine Aktionen die Sterne deuten. Die Antike folgte der Innereien- und Vogelflugschau oder dem Orakel von Delphi. Ob Harari mehr auf den Tisch legt als die antiken Auguren und Haruspices? Der erste der fünf Teile des Buches beschäftigt sich mit den technischen Herausforderungen der Zukunft.
Da könnte man fragen, ob jemand im Jahr 1900 die Entwicklung der Automobilität in den folgenden 50 Jahren und deren Anforderungen an die Schulausbildung imaginieren konnte. Das war niemandem gegeben, genausowenig, wie es vielen Computerfirmen im Jahr 2000 gelang, die nahe Zukunft zu erfassen; nur wenige kennt man noch, etwa die SOFTWARE AG, die meisten sind verschwunden.
So verhält es sich praktisch auf allen Gebieten. Canossa? Johannes Fried hat die Legende destruiert. Plattentektonik und Plattenbewegung? Der Außenseiter Alfred Wegener wurde verlacht, heute ist er anerkannt. Auch Semmelweis wurde gemobbt von der Mehrheit seiner Medizinerzunft, heute stehen diese Ärzte als tödliche Narren da. Und so weiter, und so fort.
Max Weber, der große deutsche Soziologe, resümierte nüchtern:
"Es ist durchaus wahr und eine ... Grundtatsache aller Geschichte, daß das schließliche Resultat politischen Handelns oft: nein, geradezu regelmäßig, in völlig unadäquatem, oft in geradezu paradoxem Verhältnis zu seinem ursprünglichen Sinn steht."
(Max Weber, 'Politik als Beruf', Reclamausg. S. 64f. )
Harari scheint sich dessen nicht bewußt zu sein, daß die menschlichen Erkenntnismöglichkeiten begrenzt sind, und oft sehr gering ausfallen.
Wissenschaft und Politik sind ein mühsamer Prozeß mit vielen Irrungen und Wirrungen.
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