Als Religionswissenschaftler hat Michael Blume nur Geschichten im Kopf, solche und solche. Das Format von Geschichten - geistmodisch ‘Narrativ’ genannt - ist aber nicht kompatibel mit der Realität, die weder Anfang noch Ende noch Regelmäßigkeiten kennt. Sein Semitismus und Antisemitismus beruht auf Vorstellungen, die auf Geschichten beruhen. Von der Begriffsschärfe aus betrachtet, hat Wolffsohn zutreffend dafür plädiert, konkret von “antijüdisch” oder “antiisraelisch” zu sprechen, statt von “antisemitisch”; an dem ethnischen Begriff “Semiten” hält er aber fest.
Blume phantasiert im Geschichtenbereich, er will “eine schlechte und eine unwahre Geschichte durch eine bessere und wahrere Geschichte ersetzen.” (DLF Interview 12.6.19)
Ich denke, man sollte den Bereich der Mythen und Geschichten ganz verlassen und eine klare Begrifflichkeit pflegen.
Michael Blume: „Warum der Antisemitismus uns alle bedroht – Wie neue Medien alte Verschwörungsmythen befeuern.“ Patmos 2019
Blume kennt schlechtere und bessere Geschichten. Bildungsgeschichten gefallen ihm besonders. Die Hebräer hätten von Anfang an gelernt, ihren Verstand an Texten zu schulen. Und hätten durch die Verschriftlichung einen großen ‘Bildungssprung’ nach vorn getan. Verschriftlichung erscheint gewiß als die Erringung einer neuen, wirkmächtigen Kulturebene - aber diese kulturelle Evolution fand in Indien und China ebenfalls und früher statt. Und tatsächlich wurden im antiken und mittelalterlichen China viele Erfindungen gemacht, bei den Hebräern dagegen nicht. Wenn Blume dann auch noch die gehäufte Zahl an Nobelpreisen mit der Fertigkeit von Textinterpretation in Zusammenhang bringt, dann wirft er mehr Fragen auf, als ihm lieb sein kann. Denn die Christen des Mittelalters entfalteten in der Scholastik wahrlich viel Scharfsinn, standen aber im Gestank ihrer Fäkalien, ohne auf den Gedanken zu kommen - wie die Römer es längst vorgemacht hatten - Wasserleitungen zu bauen. Erst in der Renaissance kam sehr langsam der Spielraum auf für naturwissenschaftliches Denken, der den religiösen Fanatikern jedoch erst abgetrotzt werden mußte. Von den Leuuwenhoek und Harvey, den Jenner und Galilei konnten dann langsam auch die Religiösen, Juden inbegriffen, lernen, ihren Verstand pragmatisch, konstruktiv und experimentell zu gebrauchen. Speziell den Juden kam ihre Wettbewerbssituation dabei zugute. Sie mußten sich mehr anstrengen als die Autochthonen, und der Wettbewerb ist dabei - anderes kommt hinzu - die dominierende Größe.
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