“Kreativität” gilt meist in der öffentlichen Diskussion viel, Wissen dagegen wenig. Es handelt sich um ein Modewort, hinter dem sich aber Seriöses verbirgt: neues Denken kann Fortschritt in der Wissenschaft und der Technik bewirken und der Psyche guttun. Aber wie kommt neues Denken im Kopf zustande? Andreas Fink und Mathias Benedek geben darüber zum Forschungsstand Auskunft. (NEUROFORUM 4/2019, S. 231) Sehr weit ist die neurologische Forschung noch nicht gekommen, aber immerhin bestätigt sie einen Befund Epiktets (50-135): Nicht die Dinge seien das Problem, sondern unsere Sicht davon. Das leuchtet ein, kann doch alles aus einer anderen Perspektive gesehen werden. Die Einübung des Perspektivenwechsels ist denn auch Teil jeder Gesprächstherapie. Aber schwierig bleibt die Impulskontrolle, wenn jemand etwas Beleidigendes sagt. Rasch muß dann die Situation neu bewertet und eine Umdeutung vorgenommen werden. Der Beleidiger könnte zum Beispiel gerade selbst beleidigt worden sein und will seinen Ärger abladen, der Angesprochene fungiert also nur als Blitzableiter etc. Aber diese Uminterpretation verlangt Gefühlsunterdrückung, die in manchen Kulturen mit ausgeprägtem Ehrbegriff nicht vorgesehen ist.
Zusammenfassung (bei Fink und Benedek)
"Frühere Studien im Bereich der neurowissenschaftlichen Kreativitätsforschung wurden oft wegen ihrer heterogenen Befunde kritisiert. In der Zwischenzeit haben sich aber einheitlichere Vorgangsweisen in der methodisch-praktischen Durchführung der Studien etabliert, die zur besseren Replizierbarkeit der Befunde beigetragen haben. Einschlägigen Befunden zufolge lässt sich kreatives Denken als Konglomerat von exekutiven Funktionen, Gedächtnisfunktionen, Aufmerksamkeitsprozessen und spontanen Denkprozessen charakterisieren. Studien in alltagsnäheren Kreativitätsdomänen legen einige Überlappungen mit konventionellen kreativen Denkmustern nahe, weisen allerdings auch darauf hin, dass Kreativität und ihre neuronalen Grundlagen spezifisch für die (spezielle) Domäne (Modul) sind. Neuere Trends in diesem Forschungsbereich beschäftigen sich auch mit Möglichkeiten zur Förderung der Kreativität, wobei hier ein breites Spektrum von kognitiv-orientierten Techniken bis hin zu Sportinterventionen zum Einsatz kommt.
Keywords: EEG; fMRI; functional connectivity; creative cognition; divergent thinking
Schlüsselwörter: EEG; fMRI; Funktionelle Konnektivität; Kreative Kognition; Divergentes Denken"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen