Sonntag, 2. August 2020

Mehr Wasser!

Pont du Gard - ein besonders eindrucksvoller Aquädukt aus der Zeit Senecas in Südfrankreich; das Mittelalter ließ ihn verkommen, er wurde unbrauchbar.

Foto: ignis/Wiki.


"Die Wasserversorgung mit Hilfe von Rohrleitungen wurde in zahlreichen Städten im 14. und 15. Jahrhundert eingeführt. Auf diese Weise konnte man auf Fluß- oder Quellwasser aus entfernteren Gebieten zurückgreifen. In Klöstern ist der Gebrauch von Wasserleitungen schon in früher Zeit belegt. So wird beispielsweise für die Zeit um 600 eine Bleileitung im Baptisterium von St. Julien in Viviers genannt. Im 10. Jahrhundert wird von Wasserleitungen in den Klöstern von St. Gallen und Weißenburg im Elsaß berichtet.[9] Im Vergleich zu den Klöstern fand die Infrastruktur in den mitteleuropäischen Städte erst sehr viel später Verwendung. In Freiburg ist eine Wasserleitung für das Jahr 1317 nachgewiesen, in Nürnberg setzen die Nachrichten über Trinkwasserleitungen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein. In Bern wurde die erste Wasserleitung 1393 installiert, 1420 folgte eine zweite. Für das 15. Jahrhundert lassen sich schließlich in vielen Städten Rohrleitungen belegen, darunter in Ulm, Zürich und Regensburg. ..." (Karsten Kramer, Wasserversorgung und Entsorgung in der mittelalterlichen Stadt Mitteleuropas, 2004)


Wasserleitungssysteme gab es in der Antike praktisch überall: In China, Südamerika (Inkas), Ägypten, Griechenland einschließlich des griech. Kleinasiens, und natürlich in Rom. Römische Ingenieure bauten sie bis weit im germanischen Norden und hinterließen zahlreiches Anschauungsmaterial. Trotzdem verschwanden die Fertigungs- und Baukompetenzen mit der Christianisierung überall in Europa. Noch das prächtige Schloß von Versailles war ein großer Stinkbunker und Rattenpalast. Mit der Renaissance - der Rückbesinnung auf die Antike - drang auch erneut ein langsam wachsendes Hygienebedürfnis in die auf Spirituelles trainierten Köpfe. Damit begann auch die Neuzeit, in der die Gedanken nicht mehr nur auf die Wiederholung des Alten gerichtet waren. Neues wurde nicht mehr nur als Ablenkung von religiöser Besinnung und dem guten Alten betrachtet. Das war ein langer Prozeß, das Erkennen selbst erfuhr eine neue Kalibrierung. Man kann das daran erkennen, daß Religion und Politik zwar an das antike Rom anknüpfen wollten, aber nur in der platonisch-religiösen Sphäre als “Heiliges Römisches Reich”, im dem die Sickergrube für Fäkalien schon eine luxuriöse Errungenschaft darstellte. Goethe wies man auf der Italienreise im Hotel noch den Hof für sein Geschäft an, wie er berichtet. 

Wenn im Mittelalter von einzelnen Klöstern angegeben wird, daß sie über eine Wasserleitung verfügten, so wird das - wenn so zutreffend - an der Adelseinrichtung Kloster gelegen haben, wo der adlige Abt als Individuum großen Herrschaftsspielraum besaß und sich möglicherweise durch römische Aquädukte anregen ließ. 



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