Samstag, 22. März 2008

Kindsmörder Gäfgen

Verfassungsgericht
Gäfgen steht Prozesskostenhilfe zu

FAZ 05. März 2008 Der verurteilte Kindsmörder Magnus Gäfgen bekommt aller Voraussicht nach Prozesskostenhilfe für seinen Schmerzensgeldprozess gegen das Land Hessen. Das Bundesverfassungsgericht hat nach einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss die Ablehnung der finanziellen Hilfe durch das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) aufgehoben und eine neue Entscheidung angeordnet. Wegen der Folterdrohung von Polizisten gegen den 32 Jahre alten Gäfgen werfe der Prozess die „schwierige Rechtsfrage“ auf, ob er wegen der Verletzung seiner Menschenwürde einen Amtshaftungsanspruch gegen das Land habe, entschied das Karlsruher Gericht.

Der zu lebenslanger Haft verurteilte Entführer und Mörder des elfährigen Jakob von Metzler verlangt mehr als 10.000 Euro Schmerzensgeld, weil er bei seiner Vernehmung im Herbst 2002 von Polizeibeamten mit Gewalt bedroht worden war. Um Lösegeld erpressen zu können, hatte Gäfgen den Jungen in seine Wohnung gelockt und getötet. Bei der Suche nach dem Kind ließ der damalige Frankfurter Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner Gäfgen massive Gewalt androhen, um ihn so zu Aussage zu bewegen und den Junge zu retten. Die Polizei hatte vermutet, dass er zu dem Zeitpunkt noch am Leben war. Gäfgen sagte daraufhin aus.

Ein einzigartiger Fall in der Rechtswissenschaft

Das Karlsruher Gericht verwies darauf, dass das OLG selbst die Folterdrohung als eine erhebliche, grob rechtsstaatswidrige Verletzung der Menschenwürde eingestuft hatte. Der einzigartige Fall sei in der Rechtswissenschaft hoch umstritten; es gebe dazu keine auch nur annähernd einschlägige höchstrichterliche Entscheidung. Das spreche dafür, die Rechtsfragen nicht im Verfahren über die Prozesskostenhilfe zu beantworten.
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Zudem beanstandeten die Richter, dass das OLG spekulativ eine mögliche psychische Schädigung Gäfgens durch die Folterdrohung ausgeschlossen habe, ohne dessen Psychologen anzuhören. Auch für Gäfgens Vorwurf, die Polizei habe bei seiner Festnahme massiv Gewalt angewandt, hätte das OLG zunächst Beweis erheben müssen.

Nach den Worten der Karlsruher Richter verletzt die Ablehnung der Hilfe das Grundrecht auf Rechtsschutzgleichheit. Jeder müsse - unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen - einen weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten haben. Eine Entscheidung über die Schmerzensgeldklage sei damit aber nicht getroffen, betonte das Gericht.

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