Donnerstag, 3. Juli 2008

Weltölkongress

Weltölkongress streitet über Ursachen des Ölpreisanstiegs

Einen Tag vor Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft haben Lastwagenfahrer in Frankreich am Montag mit einer "Aktion Schnecke" gegen die hohen Dieselpreise protestiert. Im Norden des Landes kam es zu Staus von mehr als 50 Kilometern Länge. Verbände der Fuhrunternehmen forderten von der Europäischen Kommission Maßnahmen gegen die Teuerung und zur Unterstützung des Gewerbes. Auch Landwirte und Fischer protestieren seit Wochen teils gewalttätig wegen der hohen Kosten.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat angekündigt, sich angesichts der Rekordpreise von Kraftstoffen während seines Ratsvorsitzes für eine Unterstützung der Betroffenen einzusetzen. Sein Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Mineralölprodukte zu deckeln, wird aber von den anderen Mitgliedstaaten abgelehnt.
Der erste Tag des Weltölkongresses in Madrid wurde derweil von einem Disput über die Hauptursachen des Ölpreisanstiegs gekennzeichnet. Während Vertreter der großen Ölkonzerne sagten, die Aktivitäten von Spekulanten hätten auf den internationalen Märkten nur einen geringen Einfluss, sprach der spanische Industrieminister Miguel Sebastián von einer schon für alle Volkswirtschaften gefährlichen "Spekulationsblase". Sie zerstöre bereits Arbeitsplätze und schade den Verbrauchern.
Sebastián erklärte die Preissteigerungen auch mit der Nachfrage in China und verlangte eine "tiefgreifende Marktreform" mit restriktiveren Regeln, um insbesondere institutionelle Investoren zur Zurückhaltung zu veranlassen. Den Ölförderländern hielt er vor, bislang nur eine unzureichende Antwort auf die erhöhte Nachfrage zu geben. Er lobte aber die Ankündigung Saudi-Arabiens, seine Produktion zu steigern. Für die künftige Versorgungsstrategie wäre es nach seiner Ansicht günstig, bis zum Jahr 2020 rund ein Fünftel des Konsums nur auf erneuerbare Energien zu stützen. Der Kongress, der mehrere tausend Teilnehmer in der spanischen Hauptstadt versammelt, wurde von König Juan Carlos mit der Mahnung eröffnet, dass die Preissteigerungen für Erdöl schon alle vorstellbaren Grenzen überschritten hätten. Die Vertreter der Industrie, der Förderländer und der wichtigsten Verbraucherstaaten wollen bis zum Donnerstag in Madrid weiter konferieren.
Unterdessen konnten sich fünf westliche Ölkonzerne und die irakische Regierung nicht auf einen Vertrag einigen, der die Rückkehr von Total, Shell, Exxon Mobil, BP und Chevron eingeleitet hätte. Es habe Uneinigkeit über die Art der Bezahlung geherrscht, teilte Ölminister Hussein el Schahristani. Die Konzerne bestanden demnach auf eine Bezahlung in Öl, "wir teilen aber unser Öl nicht", sagte der Minister. Der Irak wolle lediglich die Hilfe von Experten in Form von Beratung und technische Unterstützung bei der Ölförderung. Das Öl gehöre den Irakern.
Irak hat das drittgrößte Ölvorkommen der Welt. Es wird auf 115 Milliarden Barrel geschätzt. Derzeit fördert das Land 2,5 Millionen Barrel am Tag, das ist so viel wie beim Einmarsch der amerikanische Armee 2003. Mit Hilfe der ausländischen Konzerne wollte das Ölministerium die Produktion binnen fünf Jahren auf 4,5 Millionen Barrel pro Tag steigern. wie/dpa
Text: F.A.Z., 01.07.2008, Nr. 151 / Seite 14

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