Dienstag, 29. Juli 2008

Windkraftparks in der Nordsee

WINDKRAFT
Windkraftparks in der Nordsee

Im Artikel "Noch sind die Windfarmen vor den deutschen Küsten eine kühne Vision" (F.A.Z.-Wirtschaftsteil vom 10. Juli) wird ein realistisches Bild gezeichnet vom risikoreichen, politisch gewollten Bau der Offshore-Windkraftwerkparks in der Nordsee. Unter den vielen Problemen, die zu bewältigen sind, spielt das Netzproblem eine entscheidende Rolle, denn ohne ein leistungsfähiges und zuverlässiges Stromübertragungsnetz lassen sich keine Offshore-Windparks betreiben, es sei denn, man produziert kostspielig Wasserstoff. Verschärft wird dieses Netzproblem durch den geplanten Bau von Kohlekraftwerken an der Nordseeküste, deren voraussichtliche Betreiber als Konkurrenten der vier großen Energieversorgungsunternehmen auftreten und die hier mit dem Einsatz von Importkohle auf den kostenträchtigen Transport über Binnenwasserstraßen verzichten können.

Das Transportproblem landet dann beim Netzbetreiber. Als Ergebnis wird sich zwangsläufig ein gewaltiger Stromüberschuss in Norddeutschland einstellen, der auf ausreichende Strom-Übertragungsleitungen nach der Mitte und dem Süden Deutschlands angewiesen ist. Und hier liegt Handlungsbedarf vor, der laut einer Untersuchung der Deutschen Energie-Agentur (dena Netzstudie) den baldigen Neubau von 850 Kilometern Höchstspannungsleitungen erfordert. Technisch ist dies realisierbar, sowohl in bewährter Form als Freileitungen als auch zu vier- bis zehnmal höheren Kosten als Erdkabel, wobei die Erdkabelvariante zusätzliche Aufwendungen für die Blindleistungskompensation verursachen würde. Neue Stromtrassen bringen allerdings auch neue Schwierigkeiten. Nach heutiger Rechtslage werden sich Genehmigungsverfahren bis hin zu erwartenden Einsprüchen und Enteignungen über viele Jahre erstrecken.

Übergangen wird von Windkraftwerksbetreibern in der Regel auch das Thema Verluste der Übertragungsleitungen, die durchaus eine Größenordnung von drei Prozent pro hundert Kilometer Leitungslänge erreichen können und insbesondere auf großen Distanzen nicht vernachlässigt werden können. Dass Energieversorgungsunternehmen bei der Integration erneuerbarer Energien nicht nur Freude empfinden, ist ob der zu erwartenden Risiken und Kosten nur zu verständlich. Politiker haben es einfacher: Sie können sich schon bei der nächsten Wahl verabschieden.

Reginald Kraus, Mülheim an der Ruhr
Text: F.A.Z., 24.07.2008, Nr. 171 / Seite 17, Leserbrief

Keine Kommentare: