Dienstag, 29. Juli 2008

Phelps

Edmund S. Phelps 75 Jahre

Das Interesse für Wirtschaftsfragen war Edmund Strother Phelps quasi in die Wiege gelegt. Geboren 1933 im amerikanischen Bundesstaat Illinois, am Tiefpunkt der Großen Depression, die auch seinen Vater, einen studierten Ökonomen, wie viele Millionen andere arbeits- und mittellos machte, diskutierte Phelps schon als Junge am Familientisch über die Lage der Wirtschaft. Später studierte er an der Yale-Universität und wurde dort 1960 Dozent. In seinen frühen Arbeiten beschäftigte er sich mit der angeblich zu geringen Sparquote in Amerika und entwickelte eine Theorie der optimalen Spar- und Investitionsquote, die über die Generationen den wirtschaftlichen Nutzen maximieren soll: Als "Golden Rule" firmiert sie noch heute in vielen Lehrbüchern.

In den späten sechziger Jahren gehörte Phelps zu jenen, die frontal angingen gegen die von Keynesianern vertretene These, dass mit höherer Inflation ein Abbau der Arbeitslosigkeit erkauft werden könne. Phelps widerlegte - gleichzeitig, aber unabhängig von Milton Friedman - die sogenannte Phillips-Kurve, wonach eine Wahlmöglichkeit zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit bestehe. Entscheidend seien die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte, daher funktioniere plumpe keynesianische Konjunktursteuerung durch stärkere "effektive Nachfrage" nicht, erklärte Phelps, wenn die Unternehmen bereits voraussehen, dass die Preise und Löhne schneller steigen.

Die in den siebziger Jahren in allen westlichen Industrieländern grassierende Stagflation - eine Mischung aus hoher Inflation und hoher Arbeitslosigkeit - lieferte den empirischen Beweis für seine Thesen. 2006 wurde Phelps für seine "Analyse intertemporaler Zielkonflikte in der makroökonomischen Politik" der Nobelpreis verliehen.

Phelps, der von 1971 an in New York an der Columbia-Universität lehrte, kennt Europa von mehreren Gastprofessuren, etwa in Mannheim, Florenz und Paris. Die hier im Vergleich zu Amerika höhere und hartnäckigere Arbeitslosigkeit führte er auf eine übermäßige Regulierung des Arbeitsmarktes zurück. So bezeichnete er es vor dem Hintergrund der "sehr beängstigenden demographischen Zukunftsaussichten Europas" als "ein Wunder, dass es unter solchen Bedingungen in Deutschland und in Frankreich überhaupt noch Investitionen gibt". Die ganze Wirtschaftsordnung Europas müsse radikal reformiert werden. Angesichts des Aufschwungs der vergangenen Jahre erscheint sein Pessimismus übertrieben.

Bedenkenswert bleibt jedoch die Kritik Phelps', dass in Europa eine grundsätzlich "unternehmerfeindliche" Einstellung vorherrsche. Als Leiter des 2001 gegründeten "Center on Capitalism and Society"untersucht er den Zusammenhang von kulturellen Werten, Einstellungen und wirtschaftlichem Erfolg. Er ist nicht nur Ökonom, sondern auch Kunst- und Opernliebhaber und singt selbst gelegentlich. Obwohl er vieles in Europa kritisch sieht, weiß er doch die europäische Küche zu schätzen. Seine Sommerurlaube verbringt Phelps mit seiner Frau, einer gebürtigen Argentinierin und Simultanübersetzerin, meist in Italien. Am Samstag feiert er seinen 75. Geburtstag. ppl.

Text: F.A.Z., 26.07.2008, Nr. 173 / Seite 16

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