Mittwoch, 22. Oktober 2008

"Und täglich grüßt das Staatsversagen"


"Und täglich grüßt das Staatsversagen" (http://www.frank-schaeffler.de/presse/medienspiegel/442) MdB

Gastbeitrag für hbpa

15.10.2008

Wer heute nach mehr Regulierung oder nach der ordnenden Hand des Staates ruft, verkennt Ursache und Wirkung der Krise an den Finanzmärkten. Versagt hat nicht der Markt, sondern der Staat.

Sehen wir etwas genauer hin: Es gibt national wie international keinen Markt, der so stark reglementiert ist wie der Bankenmarkt.

So wurde bereits 1974 am Standort der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) der Baseler Ausschuss geschaffen. Alle wichtigen Notenbanken und Aufsichtsbehörden beteiligten sich daran.

Mit den Basel I-Empfehlungen legten sie 1988 einheitliche Eigenkapitalanforderungen für die Kreditvergabe fest. Im Laufe der Zeit wurden diese Regeln immer weiter verfeinert, um schließlich in die Basel II-Richtlinien zu münden. Diese wurden nach langem Streit zum 1. Januar des vergangenen Jahres in deutsches Recht umgesetzt.

Trotz dieses hohen Maßes an Regulierung (welches allerdings nicht in den USA gilt; dort soll Basel II nach bisherigem Stand allenfalls auf große Banken angewandt werden) konnten weder die Internet-Blase um die Jahrtausendwende, noch die aktuelle Finanzmarktkrise von der Aufsicht vorhergesagt, geschweige denn verhindert werden: Siehe SachsenLB, siehe IKB oder Hypo Real Estate. Insbesondere die Schieflage der Hypo Real Estate ereignete sich trotz "Basel II".

Ruf nach Regulierung ist populär
Angesichts dieser und weiterer Katastrophen ist der Ruf nach stärkerer Regulierung höchst populär. Er führt aber zu nichts, solange die eigentliche Ursache von Krisen nicht hinterfragt wird: Wie konnte es zu den Erschütterungen der letzten Wochen mit immer stärkeren Einschlägen eigentlich kommen? Liegen die Gründe vielleicht doch woanders als bei einer vermeintlich zu laxen Regulierung? Ich meine: Die Verursacher der jüngsten Entwicklungen sitzen nicht in den Konzernzentralen der Banken, sondern in den Regierungen und Notenbanken dieser Welt. Der eigentliche Grund für die gegenwärtige Finanzkrise ist die ungezügelte Geldvermehrung.

Allein seit dem Jahr 2000 wurde die Geldmenge M3 in den USA um über 9 Prozent pro Jahr (seit März 2006 wird sie nicht mehr veröffentlicht) erhöht. Die Europäische Zentralbank hat im gleichen Zeitraum diese Geldmenge um über 10 Prozent pro Jahr ansteigen lassen. Die EZB konnte sich trotz ihrer Unabhängigkeit und ihres Ziels der Geldwertstabilität der Entwicklung in Amerika nicht entziehen. Zwar brüsten sich beide Notenbanken, sie hätten ihr Inflationsziel stets eingehalten. Die Frage ist nur: Hat die relativ geringe Inflationsentwicklung in den USA und in Europa etwas mit der vermeintlich klugen Geldmengensteuerung der Notenbanken zu tun, oder war sie reiner Zufall? Fakt ist, die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten lagen in den Jahren 2000 bis 2007 in den USA bei 2,5 Prozent pro Jahr, im Euro-Währungsgebiet bei 2,1 Prozent pro Jahr.

Greenspan ist an allem Schuld
Die das gesamtwirtschaftliche Wachstum überschießende Geldmenge führte zum Immobilienboom in Amerika und zu einer Liquiditätsblase in Europa. Es wird derzeit viel über verantwortungslose Bankmanager geklagt – teilweise auch mit Recht. Dennoch: Wenn man die Krise an Personen festmachen will, dann steht an erster Stelle der ehemalige Chef der US-Zentralbank, Alan Greenspan. Er hat nach dem Zusammenbrechen der Internet-Blase im Jahr 2000 durch eine drastische Zinssenkung von über 6 auf 1 Prozent die Grundlage für ein Wirtschaftswachstum in Amerika und in der Welt gelegt, das lediglich auf Kredit finanziert war.

Jetzt konnte sich jeder eine Immobilie leisten. Jetzt lohnten sich Fremdfinanzierungshebel bei Investitionen erst richtig. Diese Fehlallokation war und ist die Ursache für die Finanzkrise. Deshalb ist es fatal, wenn die Federal Reserve heute die Fehler aus dem Jahr 2001 wiederholt und die Zinsen radikal senkt. Fatal ist auch, wenn die EZB – wie 2001 – im Gleichschritt dieser Politik folgt. Der nächste Einbruch wäre dann nur eine Frage der Zeit.

Geldpolitik fundamental ändern
Die USA und im Gefolge die Europäische Währungsunion müssen ihre Geldpolitik fundamental verändern. Die Stabilität der Währung ist die notwendige Voraussetzung für ein organisches Wachstum von Volkswirtschaften. Die internationale Staatengemeinschaft muss Druck auf die US-Regierung ausüben, damit die Federal Reserve auf das alleinige Ziel der Preisniveaustabilität ausgerichtet wird. Dies wird schwere Einschnitte für Wachstum und Beschäftigung in den USA, aber auch in Deutschland bedeuten. Das Motto muss jedoch lauten: besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Der Ökonom Ludwig von Mises hat die Geldpolitik der Nationalbanken richtig analysiert: "Der Aufschwung entbehrt mithin der festen Grundlage; er ist nicht Blüte, sondern Scheinblüte; er ist nicht durch Anwachsen des gesellschaftlichen Wohlstands entstanden, sondern dadurch, dass die Krediterweiterung dieses Anwachsen vortäuscht. Früher oder später muss es zutage treten, dass die Konjunktur auf Sand gebaut war."

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