Sonntag, 14. März 2010
Rest in Rotten Row, Fragilitäten und Flexibilitäten
Rose Maynard Barton 1856-1929 A Rest in Rotten Row. 1892
Elfriede Petzold aus Leipzig-Stötteritz, meine Mutter, auf einer meinem Vater gewidmeten Fotokarte, die handschriftlich auf den 18.3.1947 datiert ist (das Bild selbst dürfte 1944/45 entstanden sein).
Überall, wo Menschen sind, menschelt es, merkte Golo Mann in seiner "Deutschen Geschichte" an, auf Menschen sei kein Verlaß, und so ist es in der Tat. Da das immer schon so war, besitzt der Mensch auch eine erstaunlich große Flexibilität, mit den schwankenden Vertrauensverhältnissen und menschlichen Fragilitäten zurechtzukommen. Zum Glück funktioniert sein biographisches Gedächtnis auch nicht wie eine Computerfestplatte, die einmal Gespeichertes unverändert festhält, das ist eine seltene Ausnahme, sondern die Inhalte werden immer wieder modifizierend überschrieben, wenn sie nicht ganz vergessen werden. Es können aber auch über die Phantasie völlig neue Elemente in eine Erinnerung hineinkonstruiert werden, und das emotionale Licht, das Erinnertes umgibt, kann ganz in das Gegenteil schwenken. Humoristisch karikierend kann man sich die Funktionsweise des Gedächtnisses vorstellen wie die witzige Befehlskette des Wolfgang Neuss: Sagt der Oberst zum Adjutanten: Morgen seltene Sonnenfinsternis, Kompanie soll auf dem Kasernenhof antreten und sich das ansehen. Beim einfachen Soldaten kommt über Offizier, Unteroffizier und Gefreiten an: Morgen verdunkelt der Oberst auf dem Kasernenhof die Sonne, kommt nicht alle Tage vor, Kompanie soll sich das ansehen.
- Nichts Neues, alle Kinder- und Jugendeinrichtungen überall ziehen Pädophile magisch an. Es erstaunt auch nicht, daß das linke Odenwaldschulinternat bei den sexuellen Mißbrauchswiderwärtigkeiten alles andere in den Schatten stellt, die ehemalige Schülerin Amelie Fried schreibt: "
Diese Kinder und Jugendlichen haben ihren Betreuern vertraut - oft hatten sie sonst niemanden, dem sie vertrauen konnten -, und diese Betreuer haben ihr Vertrauen aufs widerwärtigste ausgenutzt, haben seelische Abhängigkeiten hergestellt und gefördert, um ihre pädophilen Neigungen auszuleben. Sicher ist es kein Zufall, dass besonders viele Kinder betroffen waren, die vom Jugendamt auf die Odenwaldschule geschickt worden waren, weil sie aus schwierigen Verhältnissen kamen. Die keine Eltern hatten, denen sie sich hätten anvertrauen können, die ihren Nötigern und Vergewaltigern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren.
Einer von ihnen schrieb mir: „Ich habe in meinem ganzen Leben mit niemandem darüber sprechen können. Nicht mit meinen Eltern, nicht mit meiner Frau, mit niemandem.“ Wenn ich so etwas lese, fühle ich mich schuldig. Ich wünschte, ich hätte damals den Mut gehabt, mich gegen die - vergleichsweise harmlosen - Grenzüberschreitungen, die ich erlebt habe, zur Wehr zu setzen. Ich wünschte, ich hätte die Signale meiner vom Missbrauch betroffenen Freunde richtig gedeutet und etwas zu ihrer Hilfe unternommen. Ich wünschte, ich hätte damals etwas geschafft, was keiner meiner Mitschüler und - viel schlimmer - keiner der Lehrer geschafft hat, die heute behaupten, sie hätten „von alldem nichts gewusst“.
Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass deutlich mehr Lehrer in die damaligen Vorgänge verwickelt waren, auf unterschiedliche Weise. Dass sie profitiert haben von jenem System aus Machtmissbrauch und Abhängigkeiten, das von Gerold Becker installiert und durch ihre Duldung stabilisiert wurde. Dass es mindestens zwei Lehrer gab, die nicht nur Verhältnisse mit Schülerinnen hatten, sondern sich auch an Jungen vergriffen. Und weitere Lehrer, die sexuelle Kontakte zu Schülerinnen pflegten. Und von alldem wollen alle nichts gewusst haben?
Meine Mitschüler und ich waren damals 13, 14 Jahre alt. Müssen wir uns heute mit Schuldgefühlen quälen, während diese verbrecherischen „Pädagogen“ sich in Schweigen hüllen? Oder in schmierigen Pamphleten ihr Verhalten verteidigen? In denen sie die Schuld auch noch den Opfern zuschieben? ..." Die rettende Hölle, FAZ 13.3.10
/// Die Sexualität in ihrer primitiven Vitalität entfaltet ihre Wirksamkeit vor aller Zivilisation und Weltanschauung, daß aber ein linkes Projekt ein Sammelort für Sexualtäter wurde, daß der linke Vorzeigepädagoge und praktizierende pädophile Homosexuelle Gerold Becker ein Mißbrauchssystem als Direktor der Schule installierte - das übersteigt die übliche linke Heuchelei. Ein Ziel aller ehrlichen Erziehung ist das EGO NON gegenüber den Zumutungen des Kollektivs und seinen Autoritäten, das ICH NICHT gegenüber den Verführungen durch die Herde des Zeitgeistes - Vater Fest hat es seinen Sohn Joachim Fest in schlimmer Zeit gelehrt und dafür schwere Opfer gebracht. Das ICH NICHT hat eine aufklärerische Wurzel, aus der auch die Linke entsproß; in der Odenwaldschule wurde offenbar im Kern nur linkes Stroh gedroschen bei guter Besoldung und wurden die Schülerinnen und Schüler sexuell gefügig gemacht. Daß der adrette Hartmut von Hentig, Ex-Leiter der Bielefelder Laborschule, seinen Schwulenkumpan Becker in Schutz nimmt, macht die Sache noch ekelhafter.
Es fällt in diesem Zusammenhang auf, daß auch der frühere Leiter des Internats Salem, Kurt Hahn, von dem mir keine Übergriffe bekannt sind, homoerotisch veranlagt war.
- Wirre Wege der Subjektivierung. Der Begriff, aus einem Foucault/Butler-Kontext kommend, meint den Prozess der Ontogenese von Subjekten (psychischen Systemen) und beschreibt, wie dieser geprägt ist einerseits durch Unterwerfung unter Macht, andererseits aber zu individueller Handlungsmacht führt.
Da Subjektivierung über eine lange Zeit geschieht, schreiben sich Effekte verschiedenartigster ‚Mächte‘ ins psychische System ein, indem sie jeweils nur als Außenirritationen die Autopoiesis des Systems beeinflussen und sich letztlich in einer von den jeweils einzelnen Beeinflussungen völlig unabhängigen Struktur sedimentieren. Dies ist schwache Emergenz: Zwar lässt sich ontologisch alles, was ein psychisches System ausmacht, auf die Menge der auf es eingewirkt habenden Mächte zurückführen (was allerdings aufgrund der Komplexität epistemisch unmöglich ist), aber das psychischen System ist eine den ‚Mächten‘ gegenüber emergente Ebene, bildet sich doch durch seine selbstreferentielle Eigendynamik eine nicht auf die Außeneinflüsse reduzierbare Struktur.
Erinnerung
Er
Gedenkst du noch der Stunden
Wo eins zum andern drang.
Sie
Wenn ich dich nicht gefunden
War mir der Tag so lang.
Er
Dann, herrlich! ein Selbander,
Wie es mich noch erfreut.
Sie
Wir irrten uns an einander:
Es war eine schöne Zeit.
Johann Wolfgang Goethe (1830 für Schwiegertochter Ottilies "Chaos" geschrieben)
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