Donnerstag, 23. Dezember 2010
Entschieden vorzuziehen
Mein 1974 antiquarisch erworbenes, aber erst viel später gelesenes Exemplar stammt von etwa 1930 - eine Meta verschenkte es zum neuen Jahr "mit vielen guten Wünschen"
Mit schönem Verlagszeichen: die Alfred-Kröner-Initialen kunstvoll verschlungen mit köstlichem Krönchen oben drauf -
im Hintergrund die Götterdämmerung
- Lebenskunst:
"APHORISMEN ZUR LEBENSWEISHEIT.
EINLEITUNG.
ICH NEHME DEN BEGRIFF DER LEBENSWEISHEIT
hier gänzlich im immanenten Sinne, nämlich in dem
der Kunst, das Leben möglichst angenehm und glück-
lich durchzuführen, die Anleitung zu welcher auch Eudä-
monologie genannt werden könnte: sie wäre demnach die
Anweisung zu einem glücklichen Dasein. Dieses nun
wieder ließe sich allenfalls definiren ais ein solches, welches,
rein objektiv betrachtet, oder vielmehr (da es hier auf ein
subjektives Urtheil ankommt) bei kalter und reiflicher
Überlegung, dem Nichtsein entschieden vorzuziehn wäre."
Die UNIVERSITY OF ILLINOIS LIBRARY AT URBANA (http://snipurl.com/1pc8xt) hat Schopenhauers spätes und bedeutendes Werk vollständig ins Netz gestellt, Dank gebührt ihr dafür.
Ich bin erst spät auf diesen Text gestoßen, die universitäre Kathederphilosophie kümmert sich fast nicht um die praktische Philosophie, weswegen das Fach Philosophie zurückkehren sollte zu den Anfängen in Athen: als private Akademie. So wird man auch die vielen Salonschwätzer los, die das Fach als Beamte auf das Schlechteste vertreten und den Studenten die Zeit stehlen, was dieser aber erst später merken.
Die "Kunst, das Leben möglichst angenehm und glücklich durchzuführen", Epikur hat es nicht besser formuliert, ist das Urziel jeder Lebensweisheit, diese Kunst zu erlernen fällt nicht ganz leicht. Der junge Mensch wird zuerst diese Aufgabe gar nicht verstehen, der ältere muß sich immer wieder daran erinnern, daß es nicht nur Beruf und Familie gibt.
Daher eignet sich das kleine Büchlein gut als Lebensbegleiter, glücklich, wer es früh liest.
- Traum und Realität:
"Traumforschung. Wenn Taubstumme träumen.
Der Schlaf der Vernunft erzeugt Bewegungsspielräume: Behinderte sind nicht fixiert auf das, was sie nicht können - das belegt jetzt eine bemerkenswerte Studie zum Verhältnis von Wirklichkeit und Traum. Von Jürgen Kaube, FAZ 22.12.10 ///
Ein interessanter Befund! Es scheint viel mehr überindividuelles, phylogenetisches Programm im einzelnen Kopf zu geben, als sich das Ich-Bewußtsein gemeinhin vorstellt. Die Grenzen zwischen dem Individuellen und dem Überindividuellen sind überall fließend. Auch beim Traumgeschehen. Niemand kann mehr sinnvoll annehmen, daß der Traum der Königsweg zu einem individuellen Bewußtsein und einem individuellen "Unbewußten" sein könnte.
Man braucht längere Selbst- und Fremdbeobachtung, um die eigene Persönlichkeit von den Eigenschaften der Stammesgeschichte unterscheiden zu lernen.
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