Freitag, 27. Juli 2012

“Was sie den Geist der Zeiten nennen, das ist der Herren eig’ner Geist” (Goe.)









Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, küßt nur wenige Historiker


(Bild: Wiki./ Virgil Solis, 1562 Nürnberg)















“Die Historie, sofern sie im Dienste des Lebens steht, steht im Dienste einer unhistorischen Macht und wird deshalb nie, in dieser Unterordnung, reine Wissenschaft, etwa wie die Mathematik es ist, werden können und sollen. Die Frage aber, bis zu welchem Grade das Leben den Dienst der Historie überhaupt brauche, ist eine der höchsten Fragen und Sorgen in betreff der Gesundheit eines Menschen, eines Volkes, einer Kultur. Denn bei einem gewissen Übermaß derselben zerbröckelt und entartet das Leben, und zuletzt auch wieder, durch diese Entartung, selbst die Historie.” 

Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Vom Nutzen und Nachteil der Historie (Schlechta I, S. 219)   

Josef Kraus, der bekannte Schulleiter und Lehrerverbandspräsident, beklagte jüngst: “Der historische Analphabetismus greift um sich” (FAZ 21.7.12) Wen kann das wundern nach der inoffiziellen Abschaffung des Gymnasiums und der Verflachung der Universität?  
Ganz ähnlich äußerte sich auch Gerhard Wolf als Vorsitzender des Philosophischen Fakultätentages, der sich auf eine Umfrage seines Verbandes bezieht und zudem Schrift- und Textinkompetenz der geisteswissenschaftlichen Studenten beklagt (“Studenten sind unsicher, wann der Zweite Weltkrieg war”, FAZ 7.7.12) 
Ob das manche Studenten nicht mehr wissen, weil sie zu viel davon bekamen? Kohl und Mitterand jedenfalls wußten, wann WK II war, sie waren geradezu fixiert auf diese paar Jahre, und diese Verkrampfung verzerrte ihren Blick auf die Gegenwart. Insbesondere der studierte Historiker Kohl scheint von der europäischen Geschichte seit Homer wenig verstanden zu haben, nichts vom produktiven Wettbewerb der europäischen Länder untereinander, nichts von den unterschiedlichen Kulturen und den Wirkungen verschiedener Sprachen. Mit bester Absicht nahmen sie sich unbewußt den Kolonialismus der Sowjetunion zum Beispiel, der ganz unterschiedliche Kulturen zusammenspannte. Mit Mord und Totschlag unter die russische Knute zwang, muß man dazusetzen. Auch Titos jugoslawische Diktatur war ein belehrendes Beispiel dafür, daß kulturelle Gemeinsamkeiten nicht auf Dauer erzwungen werden können. Es wächst nicht zusammen, was nicht zusammenpaßt. Wahnhaft fixiert auf WK II erwiesen sich Mitterand und Kohl als lernunfähig und steuerten die EU in die Währungsverwirrung, wobei Mitterand schon ein wenig schlauer war als der studierte Historiker Kohl. Der mag als gutes Beispiel dafür gelten, daß die meisten Historiker mit den Zusammenhängen der Geschichte wenig anfangen können, sobald es um Gegenwart und Zukunft geht.  

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