Montag, 17. Juni 2013

Brecht und Bienek











“Im Berliner Ensemble gab es eine Protest-Versammlung
(wie ich später erfuhr) Proteste.
Auch Brecht wollte etwas sagen.
Als sie zu ihm gingen,
hatte er sich in seinem Zimmer
eingeschlossen.” ...
“es war abends gegen acht Uhr,
Wir haben einen Eilbrief für Bienek, sagten sie,
und als ich heraustrat,
rissen sie meine Arme nach vorn
und legten mir Handschellen an.
Es dauert nicht lang.
Und dann: Eintausendvierhundertzweiunddreißig Tage
hat es gedauert.”

Bis Adenauer Ende 1955 nach Moskau kam und viele deutsche Kriegs- und Zivilgefangene durch Verhandlungen freibekam.
Auch den jungen Autor und Brechts Dramaturg Horst Bienek, der unberechtigt der Spionage bezichtigt und 1951 zu 20 Jahren Gulag in Workuta verurteilt wurde. Er hatte Glück, er überlebte, auch den Streik von 1953, der blutig zusammengeschossen wurde, und kam durch Adenauer nach nur (!) vier Jahren Sklavenarbeit, Kälte und Hunger vorzeitig frei. In dem Langgedicht “Flucht, vergeblich”, aus dem die obigen Zitate stammen, behandelt er diese Heimsuchung durch den Ostberliner Geheimdienst und die russische Militärverwaltung.   
“Brecht hatte bei der Verhaftung seines Schülers geschwiegen, und Helene Weigel soll gesagt haben: ‘Vielleicht war der Bienek doch ein amerikanischer Spion. Man verhaftet doch bei uns nicht so einfach unschuldige Leute.’”
(F.A.Z. 10.06.2013, Die geheimen Hauptstädte der Welt)  
Brecht und Weigel hielten auch im Juni 1953 den Mund, als vor der Tür ihres Theaters die Arbeiter streikten und Proteste gegen die SED-Diktatur überall in der Sowjetisch besetzten Zone aufflammten. Auch als die russischen Panzer den Aufstand niederwalzten, schwiegen Genosse Bertolt Brecht und seine Lieben. Auch von Genosse Ernst Bloch hörte man nichts. Vernahm jemand den Protest des Walter Jens?


Aus dem Nachlaß Bieneks erschien jetzt:

Horst Bienek „Workuta“, mit einem Nachwort von Michael Krüger, Wallstein-Verlag, Göttingen 2013, 80 Seiten, 14.90 Euro 
“Flucht, vergeblich” in H.B., Gleiwitzer Kindheit, 1978, S. 84ff.

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