Samstag, 19. Juli 2014

Sieg des Pragmatismus








Letztes Jahr ist James Graham Wilsons Buch „The Triumph of Improvisation“ erschienen. Der Untertitel gibt weitere Auskunft: „Gorbachew’s Adaptability, Reagan’s Engagement, and the End oft he Cold War“.

Gorbatschow und auch sein Außenminister Schewardnadse haben den Kalten Krieg beendet, indem sie sich von der Perspektive des Marxismus ein Stück befreiten und dadurch einen realistischeren Blick auf die Sowjetunion und den Westen gewannen. Dadurch wurden sie dialogfähig, obwohl sie im Geist starr verlesener Erklärungen der KP aufgewachsen waren. Diese kleine Veränderung im Kopf bewirkte eine große Veränderung in der Welt. Das Gefängnis des Ostblocks brach zusammen, die Diktaturen der kommunistischen Parteien wichen freiheitlichen Ordnungen.

Reagan seinerseits war so flexibel, auf die neuen russischen Töne einzugehen und mit seinem pragmatischen Außenminister George Shultz einen echten Dialog zu führen.
Solche Sternstunden des Pragmatismus sind nicht die Regel, aber von desto größerer Bedeutung. Historiographisch betrachtet sind sie der Abteilung „Große Männer machen Geschichte“ zuzuordnen. Hegelianer sehen die Führer aber im Dienste des „Weltgeistes“, bei Linkshegelianern verschwindet aber die Eigenart von Personen weitgehend hinter Deutungsmustern wie dem „Historischen Materialismus“ oder, moderater, hinter gesellschaftlichen Institutionen (Wehlers "Gesellschaftsgeschichte").
Kein Ansatz der Geschichtsschreibung kann aber Allgemeingültigkeit beanspruchen, alle Ansätze besitzen jedoch ihre Berechtigung, auch, wenn alle zusammen Geschichte nur unvollständig und nur lückenhaft deuten können.

Männer mit Macht machen Geschichte. Dabei bleibt es. Aktiv und passiv, in positiver wie in negativer Richtung. Gorbatschow ermöglichte die Befreiung Osteuropas und der Sowjetunion selbst. Worunter ein Apparatschikkopf wie Putin litt. Er hat sich nunmehr aus allen Dialogen verabschiedet und will die vermeintliche Schwächung des euro-asiatischen Riesenreiches nicht einfach hinnehmen, sondern durch einen neuen, aggressiven Nationalismus rückgängig machen.






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