Mittwoch, 19. Mai 2021

Der Königsweg der Anpassung? If you can’t beat them, join them?

 

“Im 11. und 12. Jahrhundert begann in dieser kleinräumlich geprägten Welt ein Wandel. Die Namen und die Heiligen gerieten innerhalb eines größeren System in Bewegung. Manchmal war dies das Ergebnis von Eroberungen, wofür England ein schönes Beispiel bietet. Im Jahre 1066 wurde das Land von einer Armee aus Nordfrankreich erobert, deren Krieger Französisch sprachen. Innerhalb weniger Jahre verwandelte sich diese Armee dann zu einem neuen Landadel - eine französischsprachige Aristokratie, die über eine englischsprachige Bauernbevölkerung herrschte. … Und so hat es ganz den Anschein, als hätte sich die englische Bevölkerung Englands schon sehr bald entschieden, die Namen der Eroberer zu übernehmen. … Schließlich griff sogar die Landbevölkerung die neue Namenmode auf. Eine Liste der Landpächter des Bischofs von Lincoln aus dem Jahr 1225 zeigt, wie anderthalb Jahrhunderte nach der normannischen Eroberung auch die bäuerliche Unterschicht die Namen ihrer Herren übernommen hatte.”*

Diese Namensübernahme muß man sich wohl eingebettet in eine weitgehende Sprachübernahme vorstellen, die dem Englischen seinen französisierten Mischcharakter gibt. Es wird sehr viele Reibereien gegeben haben, denn die Gruppen haßten einander: “In der Abtei St. Albans leitete der erste normannische Abt, der seine angelsächsischen Vorgänger nur als ‘rudes et idiotas’ bezeichnen konnte, ‘als grobschlächtige, ungebildete Tölpel’, eine vollständige Zerstörung der vornormannischen Heiligenschreine ein.”*  


Da die weitere Geschichte Englands als überwiegend erfolgreich angesehen werden kann, muß man das unterliegende Muster beachten: eine kulturell überlegene Einwandererschicht, die ihre Dominanz ausspielt, setzt sich durch und befriedet das Land.

Dieses Muster hat sich, wenn ich mich nicht irre, unter erschwerten Bedingungen in den Amerikas wiederholt, im angelsächsisch dominierten Nordamerika sehr viel erfolgreicher als im romanisch dominierten Südamerika. Die Abwendung vom Katholizismus im Reformationszeitalter in England spielt da offenbar eine Rolle.  


Ob sich dieser Befund auf Einwanderergesellschaften allgemein und auf Gesellschaften mit heterogenen Bevölkerungsgruppen übertragen läßt? 

 

*Bartlett, “Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt”, S. 328f.


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