Altbundespräsident Herzog fordert geringere Steuern
Vor 60 Jahren wurde in Deutschland die Soziale Marktwirtschaft eingeführt. Gelegenheit für Politiker, Wissenschaftler und Unternehmer, auf einer Tagung an der Universität in Jena viel Lob zu äußern - aber auch Sorge über ihre Ausgestaltung in der Zukunft.
ppl. JENA, 22. Juni. Altbundespräsident Roman Herzog hat zu einer Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft aufgerufen. "Soziale Marktwirtschaft ist etwas anderes als Sozialstaat", sagte er in seiner Rede zu einem Festakt am Freitagabend anlässlich des 60. Jahrestages der Wirtschafts- und Währungsreform von 1948. Herzog kritisierte, dass der Staat durch zu hohe Abzüge es vielen Menschen erschwere, ein ausreichendes Nettoeinkommen zu erzielen. "Ich bin für Steuererleichterungen gerade für die unteren Einkommensschichten", sagte er.
Weiter mahnte Herzog, es müsse ein Konsens gefunden werden, wie hoch die Staatsquote sein dürfe. Er selbst nannte eine Staatsquote von gut 40 Prozent als mögliches Ziel. Sämtliche Staatsausgaben müssten auf Einsparpotentiale durchforstet werden. Zugleich warnte Herzog vor einer "reinen Marktwirtschaft". "Die Debatte um eine Rückkehr zur Marktwirtschaft ohne sozialen Ausgleich ist nicht nur gefährlich, sondern auch töricht." Allerdings sei man von einer reinen Marktwirtschaft weit entfernt. Er verstehe es nicht, wie man angesichts der vielen Sozialleistungen von einer "kaltherzigen Gesellschaft" sprechen könne.
In den Reden zum Festakt und auf einem vorangegangenen Symposion von mehreren hundert Wissenschaftlern und Unternehmern klang viel Lob und Stolz über die Erfolge der Sozialen Marktwirtschaft an. Vielfach wurde aber auch die Sorge geäußert, dass sich die deutsche Wirtschaftsordnung vom ursprünglichen Konzept des ehemaligen Wirtschaftsministers und Bundeskanzlers Ludwig Erhard (CDU) über die Jahre zu weit entfernt habe. Man brauche eine "klare Absage an einen Versorgungsstaat", sagte der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU). Bei der großen Rentenreform von 1957 wäre es besser gewesen, bei der Kapitaldeckung zu bleiben, statt auf das Umlageprinzip umzustellen. Der Sozialstaat müsse zwar existentielle Not verhindern, es müsse aber eine Rückverlagerung von Verantwortung auf die unteren Ebenen wie die Familie und die Gemeinden geben, forderte Althaus. Als wichtigste Aufgabe nannte er verstärkte Anstrengungen für die Bildung.
Auch der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, erteilte einem Versorgungsstaat eine Absage. Die Grundprinzipien der katholischen Soziallehre von Personalität, Solidarität und Subsidiarität sprächen gegen einen alimentierenden Staat. Die Soziale Marktwirtschaft, die den Menschen Raum zur wirtschaftlichen Entfaltung lasse, sei die richtige Ordnung auch nach Ansicht der Kirche.
Der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, lobte die "unvorstellbaren Erfolge nach der Wiedervereinigung", die einzigartig seien in der Menschheitsgeschichte. Trotz mancher wirtschaftspolitischer Fehler habe es ein "Wirtschaftswunder 2.0" gegeben. Deutschland, sagte der Schweizer Straubhaar, sei ein "normales", selbstbewusstes Land geworden. Zugleich gebe es aber auch viel Verunsicherung über die Folgen der Globalisierung, und noch immer wirke die Teilung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nach. Für die Zukunft sagte Straubhaar einen beschleunigten Strukturwandel des Landes voraus. Die Gesellschaft werde in zwanzig Jahren von stärkeren Unterschieden zwischen Alt und Jung, Gesunden und Kranken, Reichen und Armen sowie Ausländern und Deutschen geprägt sein. Man werde lernen müssen, mit dieser Vielfalt zu leben, sagte Straubhaar, der ein "Ende der Konsensgesellschaft" prophezeite. Der Staat solle nicht helfen, existierende Besitzstände zu sichern, sondern die Veränderung aktiv fördern. Wichtig sei es, eine "durchlässige Gesellschaft" zu haben sowie mehr Teilhabe durch größere Bildungs- und Aufstiegschancen. Den Schlüssel zur Lösung der Integrationsprobleme sieht Straubhaar in einem funktionsfähigen Arbeitsmarkt."
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Text: F.A.Z., 23.06.2008, Nr. 144 / Seite 14
Montag, 23. Juni 2008
5-Bücher-Kanon, Mandeville, Franz Boas
mo 13°, sonnig; wer auf dem Land wohnt, muß vieles entbehren; der wunderbare Gang zum Waldrand entschädigt für vieles. 6. Zecke.
1,5521
- 23. Juni 1988 Deutscher Aktien Index (DAX) wird vorgestellt: Da sagt doch Kostolany im Zz der Telekom eine große Zukunft voraus - einem halben Staatsunternehmen! Wo hatte er seine Ordnungsvorstellungen?
- Hart: " Ohne Handy in den Hörsaal.
Ausschlafen ist nicht verpönt, Weltfremdheit weitgehend akzeptiert, die Vorlesungen fangen bezeichnenderweise nicht zur vollen Stunde an. Manieren spielen an der Uni auf den ersten Blick keine Rolle. Auf den zweiten aber schon. ...
Zumindest bisweilen kommt es Herfried Münkler so vor, als seien Manieren kein Thema mehr. Der Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität in Berlin kritisiert besonders die "konsumptive Grundhaltung" vieler Studenten. "Es ist aus dem Blick geraten, gemeinsam an etwas zu arbeiten", sagt er. Manche Studenten betrachteten Lehrveranstaltungen stattdessen unter dem Motto der Nutzenmaximierung: Solange es interessant sei, bleibe man. Schwinde das Interesse, verlasse man eben den Raum.
Eine Unart, findet Münkler. Genauso wie das unaufhörliche Trinken von Selters, Volvic und Konsorten. Selbst mitten in ihrem eigenen Redebeitrag setzten manche die Flasche an den Hals. Das lenke nicht nur vom Gespräch ab. Es habe auch die Folge, dass die Studenten regelmäßig austreten müssten. In einer Vorlesung mit 200 Zuhörern sei das fatal. Die Stühle knarrten, lautstarkes Durchdrängeln durch die langen Reihen folge. "Die gesamte Aufmerksamkeitsstruktur bricht dann zusammen. ..." 21.6.
- "21.06.08 Die unverbesserlichen Menschen. Von Bernard Mandeville, dem englischen Sozialphilosophen des frühen 18. Jahrhunderts, gibt es ein Wort, das, ohne Moos anzusetzen, durch die Zeiten gelangt ist: «Der Mensch ist ein Wesen, das die Füsse im Sumpf und den Kopf in den Wolken hat.» Das tönt nicht schmeichelhaft. Doch manch einer, der sich darauf spezialisiert hätte, die Sonderbarkeiten des Wesens ... " NZZ Neue Zürcher Zeitung
- Vom Unsinn in der Wissenschaft: Franz Boas, Kulturelle Determination: " ... Er untersuchte etwa dreizehntausend Schädel von Einwanderern, die noch in Europa geboren waren, und verglich sie mit den Schädelmaßen ihrer Kinder, die bereits in den USA geboren waren. Sein Befund: Die Schädelform, der physische Typus ethnisch homogener Gruppen ändere sich mit der Aufenthaltsdauer in den USA. "F.A.Z., 18.06.2008, Nr. 140 / Seite N3
5-Bücher-Kanon: 1. Epikur, Fragmente, Brief an Menoikeus, Brief an Herodotos. 2. Seneca, Von der Kürze des Lebens. 3. Montaigne, Essais. 4. Goethe, Faust I u. II . 5. Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit.
1,5521
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Ausschlafen ist nicht verpönt, Weltfremdheit weitgehend akzeptiert, die Vorlesungen fangen bezeichnenderweise nicht zur vollen Stunde an. Manieren spielen an der Uni auf den ersten Blick keine Rolle. Auf den zweiten aber schon. ...
Zumindest bisweilen kommt es Herfried Münkler so vor, als seien Manieren kein Thema mehr. Der Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität in Berlin kritisiert besonders die "konsumptive Grundhaltung" vieler Studenten. "Es ist aus dem Blick geraten, gemeinsam an etwas zu arbeiten", sagt er. Manche Studenten betrachteten Lehrveranstaltungen stattdessen unter dem Motto der Nutzenmaximierung: Solange es interessant sei, bleibe man. Schwinde das Interesse, verlasse man eben den Raum.
Eine Unart, findet Münkler. Genauso wie das unaufhörliche Trinken von Selters, Volvic und Konsorten. Selbst mitten in ihrem eigenen Redebeitrag setzten manche die Flasche an den Hals. Das lenke nicht nur vom Gespräch ab. Es habe auch die Folge, dass die Studenten regelmäßig austreten müssten. In einer Vorlesung mit 200 Zuhörern sei das fatal. Die Stühle knarrten, lautstarkes Durchdrängeln durch die langen Reihen folge. "Die gesamte Aufmerksamkeitsstruktur bricht dann zusammen. ..." 21.6.
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