Donnerstag, 24. März 2011
Kant und die Gattungsthese
Zitronenfalter labt sich an Blüte
“ Am Menschen sollten sich diejenigen Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickeln. “
Kant, Idee zu einer Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 2. Satz
Daß die einzelnen Köpfe recht unterschiedlich zum Vernunftgebrauch geeignet sind, sah Kant natürlich, im Unterschied etwa zu Rousseau. Seine Hoffnung richtete sich auf die Zukunft, auf die Entwicklung der Gattung.
Was würde er sagen, sähe er heute sein Königsberg wieder? Besuchte ein Gymnasium, eine Universität?
Anschließend ein Kernkraftwerk, Biblis zum Beispiel?
Vermutlich würde er sich wundern, wie das Schulniveau einerseits mit dem Technikwunderwerk andererseits zusammenhängen könne. Im Gymnasium hatte er Antikernkraftparolen auch von den Lehrern gehört, in der Universität war ihm ein Plakat aufgefallen: KOMM SCHOTTERN, ein krimineller Aufruf, die Schienen der Castor-Strecke zu unterwühlen und so unpassierbar zu machen.
Die Leistungskraft der deutschen Kernkraftwerke, sicher erbracht über Jahrzehnte, würde ihn zweifellos beeindrucken.
Die Abschalt-Kampagne gegen diese zuverlässigen und leistungsstarken Kernkraftwerke, weil die Reaktoren im fernen Nordjapan zwar ein fürchterliches Erdbeben von 9,0 überstanden und automatisch abschalteten, jedoch dann die außenliegenden Dieselnotfallgeneratoren durch einen 10-m-Tsunami schwer beschädigt wurden, was anhaltende Kühlprobleme verursacht - diese Abschaltpanik ließe ihn wohl an dem Verstand großer Teile der deutschen Bevölkerung zweifeln.
Würde er sich von seiner Gattungsthese der zunehmenden Vernunft abwenden?
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