Mittwoch, 20. November 2013

Anthropologischer Realismus






Schauspieler Mansfield in der Doppelrolle Jekyll / Hyde, ca. 1895
Foto: Wiki.)

Ob es an der Goldrand-Brille liegt zum grauen Haar? Durch die sieht Peter Bieri die Welt und den Menschen darin:
„Ich habe es in der Hand, ob mir ein Leben in Würde gelingt oder nicht.“ ( „Eine Art zu leben. Über die Vielfalt menschlicher Würde“, 2013)
Ja, man kann alles durch die Goldbrille sehen. Und auch durch die Nickelbrille. Was wäre vorzuziehen?
Der Begriff “Würde” stammt aus der Ehrensphäre, meist in der Spezifizierung “Adelswürde”, “Herzogswürde”, “Königswürde”. Die Bildung “Menschenwürde” erfolgte spät mit der Beseitigung der Adelsprivilegien. Jeder Mensch sei jetzt sein eigener König, lautet die euphemistische Version der Ära nach den ganz großen Kriegen, in denen sich der gemeine Mensch vielfach spitzenmäßig unwürdig zeigte. Die ansteigenden zivilen Tötungsraten seitdem deuten auch nicht auf einen zunehmenden Würdefaktor hin.
Der Mensch sei aus krummem Holz geschnitzt, meinte Kant zutreffend. Daraus lassen sich keine Marmorgestalten modellieren, die würdevoll auf dem Sockel stehen könnten. Dem biologisch ungebildeten Kant muß man aber heute die Genetik zugesellen, die schließlich seit Jahrmillionen das Fundament für alle Säugetiere abgibt, und die auch den Menschen an den langen Proteinketten führt.

Nun mag sich ein beamteter Philosoph wie Bieri seine Goldrandbrillenwürde nach Belieben zusammenreimen, aber realistische Perspektiven auf den Menschen gewinnt man dadurch nicht. Eher wird einem ideologischen Anspruchsdenken Vorschub geleistet.

Der Vielfalt der Menschen und auch den vielen Verhaltensweisen des einzelnen Menschen wird der Ideologenblick wenig gerecht. Die Goldbrille sieht gern den Dr. Jekyll (R.L. Stevenson) und übersieht den Mr. Hyde dahinter. Die Nickelbrille fokussiert auf Hyde, was ebenso einseitig wäre. Die silberne Stahlbrille, passend auch zur Haarfarbe des Philosophen, wäre vielleicht angemessen, um maßlose Fehlblicke zu vermeiden und zu einem realistischen Menschenbild zu verhelfen. Das würde überwiegend konstruktive Individuen ebenso umfassen wie Exemplare der Sorte des Büroleiters der Grünen, Hans-Bernd Kaufmann (Giessen), der der Kinderschänderei unter Zuhilfenahme von Marihuana in 160 Fällen beschuldigt wird.