Donnerstag, 22. Dezember 2011

Epiktet und der Fischer




Vom Fischer und seiner Frau - auch ein Grimm'sches Märchen
(Bild: Alexander Zick / Wiki.)


Gemütsruhe

“Bei allem, was deine Seele erfreut oder dir einen Nutzen schafft oder dir lieb und wert ist, vergiß nicht, ausdrücklich zu erwägen, was es eigentlich ist, und fange beim Geringsten an. Wenn dir ein Topf gefällt, denke die, ein Topf ist es, der mir gefällt; dann wirst du dich auch nicht aufregen, wenn er zerbricht. Wenn du dein Kind oder deine Frau küßt, so sage dir, daß du einen Menschen küßt; und du wirst nicht außer Fassung kommen, wenn er stirbt.”
Epiktet - "Das Buch vom geglückten Leben", 3

Die Leidenschaftslosigkeit war Epiktet und den Stoikern insgesamt ein wichtiger Bestandteil der Freiheit. Gefühle und Affekte berauben den Menschen der Wahlmöglichkeiten, lenken ihn in seinem Handeln, können ihn sogar treiben und seines Verstandes berauben.

Sogar in ganz unwichtigen Dingen.

“Das Bedürfnis des Körpers ist der Maßstab für den Besitz, wie der Fuß der Maßstab für den Schuh ist. Bleibst du dabei stehen, so wirst du Maß halten, gehst du darüber hinaus, so wirst du notwendig wie in einen Abgrund gerissen. Gerade so, wie es mit dem Schuh ist. Wenn du einmal das Bedürfnis des Fußes überschreitest, so kommt erst ein vergoldeter, dann ein purpurner, dann ein gestickter an die Reihe. Denn alles, was einmal über das Maß hinaus ist, hat keine Grenzen mehr.” (ebda., 39)

Hier plädiert Epiktet in kynischem Bezug für Bedürfnislosigkeit. Die Kyniker wie Diogenes sahen die Reichen als Getriebene. Man kennt das ja: je mehr er hat, je mehr er will.
Nehmen wir zum Beispiel einen Ministerpräsidenten: er will noch mehr, mehr Luxus, mehr Geld, mehr Amt. Mit den merkwürdigsten Leuten läßt er sich ein, findet kein Maß mehr. Wird zum nichtigsten Wicht in der Reihe derer, die das Amt bekleidet haben.