Samstag, 19. April 2014

Hallo, Herr Schirrmacher, hallo, Herr Döpfner










Dutschke 1968 in der Mitte - erst SDS-Vorstand, dann GRÜNEN-Mitglied - ohne den SPIEGEL kennte den roten Krakeeler heute niemand


Leserbrief im SPIEGEL vom 5. Mai 1965: 
„Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ Dort hieß es auch: „Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher.“ Er wisse, dass es im deutschen Pressewesen Oasen gebe, „in denen noch die Luft der Freiheit weht, […] aber wie viele von meinen Kollegen können das von sich sagen?“ (Wiki.)

Paul Sethe sagte das, der Großjournalist bei FAZ, WELT und anderen Zeitungen. Als Herausgeber war er bei der FAZ ausgeschieden, weil er Adenauers Westbindung bekämpfte. Heute wäre er vermutlich ein Putin-Freund wie Schröder, Gauland und Eva Herman. Das Beispiel Sethe zeigt, daß man sich auf jedem Niveau irren kann. Hätte sich Sethe als FAZ-Herausgeber behauptet, wer weiß, ob er diesen Leserbrief an den reichen Ganzgroßjournalisten Augstein geschrieben hätte. Der betuchte Großjournalist Sethe schrieb ihn jedenfalls, und Ganzgroßjournalist Augstein druckte ihn ab. Unter Großjournalisten ist man nicht kleinlich.
Anders, wenn Ganzkleinjournalisten einen Ganzgroßjournalisten online kommentieren:

“Gegenrede: Google schickt der Himmel gegen die BILD-Zeitung, metaphorisch gesprochen

Lieber Mathias Döpfner,
ich habe mehr Angst vor der unkontrollierten Macht der Presse. Die Großjournalisten wie Sie sind die herrschende Kaste. Das Internet mit Google vorneweg steuert Ihre Macht und die der Augsteins, Unselds, Dönhoffs, Prantls, Schirrmachers etc. ein wenig aus.
Nicht so herzlich, WD”

Der Oberhäuptling der BILD-Zeitung und aller Springer-Zeitungen hatte einen Beschwerdebrief an Googles Eric Schmidt geschrieben, und Großjournalist Schirrmacher hatte ihn ganzseitig in seinem überwiegend rotgrünen FAZ-Feuilleton abgedruckt. Denn auch Großjournalist Schirrmacher macht sich Sorgen, daß Googles Suchmaschine so viel anzeigt und dadurch die Zeitungen weniger verdienen. Damit stehe der Qualitätsjournalismus auf dem Spiel.
Das Argument ist nicht aus der Luft gegriffen. Doch wird der Qualitätsjournalismus ein bißchen zu hoch gehängt. Wir irren alle, siehe Paul Sethe, und es spielt keine inhaltliche Rolle, auf welchem Niveau wir irren. Glück brauchen wir alle Male, daß sich ein Adenauer mit einer Westbindung durchsetzen kann. Aber niemand kann das Glück dauerhaft pachten. Nach dem Glücksfall gefällt es dann leicht einem Stammtisch von Ganzgroßjournalisten mit ihren Qualitätsorganen SPIEGEL, ZEIT, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, FRANKFURTER BLÄTTER, SUHRKAMP und anderen mehr eine Linksidiotenbewegung wie die von 1968 hochzuschreiben. Der Neomarxist Habermas, nicht gerade ein Ausbund an Rechtsgläubigkeit, machte damals dem SDS, der Sturmabteilung der 68er Bewegung, den Vorwurf des “Linksfaschismus”. Und danach wurde die DDR-Diktatur schöngeschrieben, die Baader-Meinhof-Bande, und die Grünen, die sich aus dem SDS und anderen linksradikalen Gruppen wie den Spontis gebildet hatten. Damit nicht genug. Es folgte die Anti-Kernkraft-Bewegung und der Klimaklamauk. Der “Qualitätsjournalismus” hatte sich inzwischen weitgehend selbst gleichgeschaltet. Womit sich der “Qualitätsjournalismus” als ein Weltanschauungsbeglückungsjournalismus erwies. Wird der gebraucht, muß man ihm Weihrauch und Myrrhe darbringen? Nein, den Weltanschauungsbeglückungsjournalismus brauchen nur die machtgewohnten Ganzgroßjournalisten, die oft nur geistige Gernegroßjournalisten sind wie Schirrmacher, der gerne einen Stoff schaumig hochquirlt und seitenlang die Basenabfolge aus der Genomsequenzierung abdruckt. Eine Stumpfsinnsübung, die dem Leser suggerieren sollte, daß damit genetische Transparenz gewonnen worden wäre. Das ist Schaumschlägerjournalismus, Herr Schirrmacher, darauf kann man gut verzichten. Wie auch auf weite Teile der selbstgleichgeschalteten Massenmedienlandschaft.

Nicht verzichten kann man aber auf die Googles dieser Welt, die es auch den Ganzkleinjournalisten erlauben, den zweimalig  im Reich der Ganzgroßjournalisten gelöschten Online-Kommentar doch noch zu veröffentlichen.