Sonntag, 7. Juli 2019
Pauls Manifest
Collier kennt sich aus zwischen Sheffield, Oxford, Ruanda und Singapur. Als Entwicklungsökonom kennt er die Welt. Seine Familie ist multinational. Seine Bücher sind unbedingt lesenswert, insbesondere “Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen”. Er hält es für schlimm, junge Afrikaner zur Migration aufzufordern, wie Merkel daß mit ihrer Politik und ihren Werbe-Selfies tat. Jetzt hat er zum “Sozialen Kapitalismus” aufgerufen zwecks Kittung der Widersprüche in England und anderswo. (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/paul-colliers-manifest-fuer-einen-sozialen-kapitalismus-16056918.html?premium#void)
Seiner Analyse der Globalisierungsverlierer und die der Abgehobenheit der internationalen Davos-Elite kann man folgen. Aber was hat das mit dem Kapitalismus zu tun? Da bleiben seine Überlegungen etwas unscharf. Der Kapitalismus ist ein betriebswirtschaftlich optimiertes Wettbewerbsmodell. Sozusagen ein Motor, den man in eine Seifenkiste oder ein Boot einbauen kann. Und er wird dann für Bewegung sorgen, wenn man ihn startet. Wohin das Vehikel dann fährt, bestimmen die Marktbedingungen, die wiederum von der Politik bestimmt werden. Wenn Apple jetzt die letzte amerikanische Fabrik schließen und im totalitären China neu bauen will - und dies auch noch als internationale Tat zum Ausgleich der Armutsniveaus ausgibt - dann stimmt das zwar, aber Apple erwartet von der Verlagerung wie andere Unternehmen auch eine billigere Produktion. Was wiederum den Apple-Kunden überall und auch in den USA zugute kommt.
Die andere Seite dieser internationalen Arbeitsteilung ist die Beschädigung der US-Nation durch Streichung industrieller Arbeitsplätze und aktive Förderung der Herrschaft der totalitären chinesischen KP durch qualifizierte Arbeitsplätze und Wissenstransfer. Die Betriebswirtschaft der langen Montage- und Lieferketten zerstört also tendenziell die nationale amerikanische Zivilisation und ebnet dem chinesischen Totalitarismus den Weg in die Welt. Keine gute Sache, scheint mir, und das ist sicher einer der Gründe, warum viele Amerikaner Trump gewählt haben und Klugscheißer aus Harvard und Oxford gering achten. Mit dem Betriebsmodell Kapitalismus hat das relativ wenig zu tun, es hängt mehr mit dem Marktzuschnitt zusammen, und mit der Ideologie des “Freien Welthandels” und der akademischen Mode des Internationalismus. Man darf Akademikern nicht jede Marotte abkaufen und zur Klugheit erklären.
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