Diogenes ließ um 150 (nach Seneca) diese umfangreichste Inschrift der Antike in eine Hallenwand in Oinoanda (Kleinasien) meißeln. Sie galt der Philosophie Epikurs. Hier ein kleines Bruchstück aus der riesigen Inschrift; im oberen Segment maßen die Buchstaben 3 cm; 50 bis 80 m Schrift wurden in Stein gemeißelt, 3,25 m hoch in 7 Bändern übereinander angeordnet mit etwa 25.000 Wörtern - ein einzigartiges Schriftdenkmal!
Der klassische Philologe Jürgen Hammerstaedt aus Köln forscht mit Martin Ferguson Smith und Kollegen seit 2007 federführend an dieser Schriftstätte mit dem Ziel einer möglichst vollständigen Wiederherstellung des fragmentierten Textes.
Diogenes, der nicht mit dem Tonnenbewohner gleichen Namens zu verwechseln ist, ging es um die Verbreitung des Denkens Epikurs, daher die riesige Wandschrift, die sich an jedermann richtete.
“Der Weise werde auch Sklaven nicht schlagen, sondern vielmehr Mitleid mit ihnen haben und einem Tüchtigen unter ihnen verzeihen.” (Epikur, Fragmente, Diog. Laert., ed. Rainer Nickel, S. 147)
Entsprechend gab es im philosphischen Garten des Epikur, was es in Platons Akademie nicht gab: Frauen und Sklaven. Mit Epikur und der STOA verbreitete sich ein Denken, das weniger scharf für die Herrschaft der Hellenen über alle anderen eintrat, wie das bei Platon und Aristoteles der Fall war. Das erreichte auch manchen jüdischen Wanderprediger, Jesus etwa, der dieses Gedankengut aufnahm und damit das archaisch-rassistische Mose-Judentum reformierte. Seine Urkirche tat sich schwer mit diesem Denken, sie setzte doch lieber auf die kaiserliche Macht Konstantins. Und auf die Verfolgung der Arianer, Waldenser, Hussiten, Hugenotten, Hexen etc., bis die Aufklärer von Friedrich II. bis Voltaire den blutigen Brüdern die Zivilisation beibrachten. Das war ein mühsamer Prozeß, und noch heute hält der Papst Exorzistentagungen ab. Daher hat der SPD-Historiker Winkler durchaus unrecht, wenn er behauptet:
“Der Gedanke der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz hätte sich schwerlich durchgesetzt, wäre ihm nicht der Glaube vorangegangen, daß es nur einen Gott gibt, vor dem alle Menschen gleich sind...Als Jesus das...Wort aussprach "So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist", schloß das ein Nein zu jeder Art von Priesterherrschaft ein. Die christliche Unterscheidung von göttlichen und irdischen Gesetzen, zu der es keine Entsprechung im...Islam gibt, ermöglichte letztlich die Säkularisierung der Welt und die Emanzipation des Menschen… “ (Heinr. August Winkler, Geschichte des Westens, Die Zeit der Gegenwart, S. 581f.)
Die Gedanken sind so eine Sache. Luftig frei sind sie, wie Schiller meint, “doch hart im Raume stoßen sich die Sachen”. (Wallenstein) Pius IX. beanspruchte noch vor kurzem, im 19. Jahrhundert, das Papstkönigtum in Mittelitalien, und verkündete das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes. Da brauchte es die Methoden Bismarcks, der den dunklen Umtrieben des Römlings im preußischen Deutschland damit Einhalt gebot, von Virchow - ein Spätaufklärer - ‘Kulturkampf’ benannt. Die Rechte der Bürger vor dem Gesetz hat die griechische und römische Antike auf den Weg gebracht, insbesondere auch die römische Rechtsschule, die über das Corpus iuris civilis säkulare Rechtszivilisation schuf.