Sonntag, 6. Oktober 2013

Erzfeuilletonist, zoroastrisch





Wilhem Wundt Neckarau 1832-1920 Leipzig 



(Bild: Wiki.)






“Kein Hirt und Eine Herde! Jeder will das Gleiche, Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in’s Irrenhaus.
„Ehemals war alle Welt irre“ — sagen die Feinsten und blinzeln.
Man ist klug und weiß Alles, was geschehn ist: so hat man kein Ende zu spotten. Man zankt sich noch, aber man versöhnt sich bald — sonst verdirbt es den Magen.
Man hat sein Lüstchen für den Tag und sein Lüstchen für die Nacht: aber man ehrt die Gesundheit.
„Wir haben das Glück erfunden“ — sagen die letzten Menschen und blinzeln. —“
Nietzsche, Zarathustra, 5, Der letzte Mensch

Es könnte nach dem FAUST das geistreichste Buch sein, aber es ist so geistreich, daß ihm beide Beine fehlen, es geistert nur so herum, daß nur Fledermäuse ein reines Lesevergnügen haben dürften. Es funkelt und blitzt unaufhörlich, aber in einem Übermaß, daß man dem Fritz zurufen möchte: Jetzt aber erst einmal die Sache systematisch durchdenken und dann erst auf den Pegasus. Und schmink dir doch endlich einmal das protestantische Pfarrhaus ab! Informiere dich ein bißchen über den Menschen, bei Wilhelm Wundt zum Beispiel, auch ein Sohn aus dem protestantischen Pfarrhaus, aber er hat es geistig überwunden, hat nicht versucht, ein neues Neues Testament zu schreiben. Er hat das erste Labor zur systematischen Menschenkunde begründet, statt Über-, Unter- und Zarathustras zu phantasieren. Und in deinem nächsten Leben gehst du natürlich zu Adolf Portmann in Basel in die Vorlesung, damit du nicht wieder so einen geistreichelnden Schmarrn wie “Von den Verächtern des Leibes” schreibst. Du nimmst einfach die alten, von der Theologie übernommenen Denkfiguren, schüttelst sie ordentlich, ziehst ihnen die Ohren lang, aber es bleiben doch die naiven Figuren, die sie beim alten Zoroaster schon waren. Fritz, das reicht nicht. Mach’s noch einmal.