Freitag, 25. Mai 2012

Offenbarung





Ein kreativer Kopf, die Frau Hunke - da kann man leicht Sonne und Sonnenfinsternis verwechseln












Dan Diner, Historiker in Leipzig und Jerusalem, übte unter dem Titel “Offenbarung und Wissenschaft” (FAZ 24.5.12) Kritik an Lehrstühlen, die nicht der Wissenschaft verpflichtet seien, sondern der Religionslehrerausbildung; diese sei eben an die “Offenbarung” gebunden, und daher nicht der Wissenschaft allein verpflichtet, wie das für die Universität bindend sei.  
Dem ist beizupflichten. Die Freiheit der Forschung, ohnehin sehr schwer zu erreichen, wenn jemand Lehrbeamter werden möchte, darf nicht schon institutionell eingeschränkt werden. Da es in Deutschland um den dominierenden Ditib- und Milli-Göris-Islam geht, gilt dies verschärft. Der Türken-Islam kennt die Trennung zwischen Staat und Kirche bzw. Religion nicht, die von der türkischen Religionsbehörde nach Deutschland entsandten Imame sind staatliche Religionsfunktionäre im Dienste einer fremden Macht. Diese nehmen überall und natürlich auch bei der universitären islamischen Religionlehrerausbildung Einfluß. Da ist Ärger zu erwarten.  

Interessant sind auch Diners Ausführungen zur Geschichte des Judentums: 

“Im westlich-mitteleuropäischen Kontext werden Juden also zu Staatsbürgern und zu Angehörigen einer mosaischen oder israelitisch denominierten Konfession; im östlichen Europa und mit dem Niedergang der vormodernen korporativen jüdischen Autonomie zu Angehörigen eines sich durchweg ethnisch-religiös verstehenden Kollektivs.”  

Diese Ostjuden bilden heute zusammen mit den sich ebenso verstehenden Orientjuden die Mehrheit in Israel, was Folgen für den israelischen Nationalismus hat, der zudem durch die ständige arabische Bedrohung und den hyperextremistischen arabischen Nationalismus provoziert wird. Durch die Zunahme der Ost- und Orientjuden sind die säkularen und sozialistischen Juden in die Minderheit geraten, was für die israelische Wissenschaftsentwicklung Folgen haben könnte. Auf die Kurzformel gebracht, hieße das, daß dort, wo das Gewicht der “Offenbarung” zunimmt, der wissenschaftliche Geist abnimmt. Der Offenbarungsglaube braucht ein starkes säkulares Korrektiv, um nicht in geistige Starre und Wissenschaftsfeindlichkeit zu verfallen, die sich auf die gesamte Gesellschaft lähmend auswirken.  

Was in Israel drohen könnte, stellt sich in der Türkei bereits als reale Gefahr dar. Der reformerische Säkularismus Kemals wird durch die türkische Re-Islamisierung seit den 90er Jahren zurückgedrängt. Die erreichten Errungenschaften, so klein sie geistig-wissenschaftlich sind, geraten in Gefahr. In Deutschland bedeutet das eine Erschwerung der Integration der türkischen Einwanderer, die durch den von der Ditib beeinflußten türkisch-sunnitischen Religionsunterricht wahrscheinlich weiter erschwert wird.