Da hatte Paul Cambon mehr Blech auf der Brust, aber Wilhelm II. stand ja auch für eine verspätete Nation, der Frankreich und Großbritannien an allen Ecken und Enden auf die Füße trat.
Wenn man das Personal um 1900 durchmustert, dann weht einen überall prästierte Männlichkeit und Nationalismus an, gemischt mit einem äußerlichen Ehrbegriff, wie er sich bei den meisten Männern an der Blechdekoration ablesen läßt. Nicht nur die Monarchen, auch subalterne Lords wie Francis Bertie zeigen sich, obwohl Diplomaten, mit Säbel und Blechbrust. Die Spitzenposition markiert hier wohl der französische Botschafter in London, Paul Cambon, der auch sprachlich seinen Chauvinismus zum Ausdruck bringt, indem er rationale Ehre allein der französischen Sprache zubilligt. Das Denken in Äußerlichkeiten findet sich auch im Drang nach imperialistischer Ausdehnung; mehr Land - mehr Ehr - mehr Reichtum, das ist die Logik. Und dies ist die eigentliche Ursache für den WK1, das serbische Mordunternehmen in Sarajewo war nur ein Anlaß.
Europa hat heute den soldatischen Männlichkeitskult, den Nationalismus und den Imperialismus weitgehend überwunden und will keine Grenzen mehr gewaltsam verändern. Anders das asiatisch beeinflußte Rußland, das erneut Protz und Prunk, Nationalismus und Militarismus auferstehen läßt. Putin ist sein Führer, der auch wieder aktiv Krieg führen läßt. Auf das Selbstbestimmungsrecht läßt er schießen. Das ist eine schwierige Situation für die Westeuropäer, die abgerüstet haben und die Situation mit zivilen Maßnahmen einhegen wollen. Das wird jedoch nur gelingen, wenn der innenpolitische Druck auf Putin (zu) stark wird. Er weiß, daß er seine Macht in einer friedlichen Zivilgesellschaft nicht dauerhaft sichern kann. Dazu braucht er die alten Versatzstücke von 1900: prästierte Männlichkeit und Nationalismus, gemischt mit einem äußerlichen Ehrbegriff. Und Ähnliches findet sich beim kleinasiatischen Nachbarn Erdogan.
(Beide Bilder: Wiki.)