Samstag, 17. Februar 2018
Naives Menschenbild
Der Täter ist das Opfer der Gesellschaft, eigentlich ist er ein guter Mensch. Diese Botschaft breitete sich nach 1968 immer weiter aus, speziell im akademischen Milieu. Daraus folgt eine Mißachtung der Opfer und eine Hochstufung der Täter. Obwohl es sehr viele Hinweise gibt, daß kriminelle Menschen nur schwer resozialisierbar sind, Schwerverbrecher aber in der Regel gar nicht, werden keine Konsequenzen gezogen und potentielle Opfer in Gefahr gebracht. Akademia erweist sich auch auf diesem Feld nicht nur als lernunfähig, sondern auch als Bedrohung für den Rechtsfrieden. Der Beitrag der Psychologin Preusker bringt das beredt zum Ausdruck. Wobei sich zum tausendsten Mal die Frage stellt, wieso der Berufsstand der Psychologen in seiner Mehrheit an einem invaliden Menschenbild fern aller Biologie und Menschenkenntnis festhält. Die Juristen haben diesen Unsinn übernommen und im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf die Spitze getrieben. Die Existenz des EGMR allein ist ein wichtiger Grund, die EU zu verlassen.
Preusker beendete ihr Leben in diesen Tagen mit 58 Jahren. Das ist eine bedrückende Nachricht, wird der indirekt verantwortliche Schwerstverbrecher doch weiter im Gefängnis verwöhnt. Es ist natürlich auch ein trauriges Erleben für die Familie. Und es ist ein großer Verlust in der Debatte für einen realitätstüchtigen Strafvollzug.
Die ewige europäische Utopie
“In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!” (Marx, Kritik des Gothaer Programms, 1875)
Diese Perspektive - auf den ersten Blick faszinierend wie sie ist - war grundlegend für alle Parteiungen von 1968.
Es ist die Verheißung paradiesischer Zustände, Heine hat es in “Deutschland” so formuliert:
“Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.”
Das ist ebenfalls zum Allgemeingut aller Linken geworden, vor und nach 68.
Auch Schillers “Ode an die Freude” kann man in dieser Richtung lesen: in der Freude werden “alle Menschen Brüder”.
Das sind unvergängliche Denk- und Fühlblasen, die intelligente und friedlich gesinnte Menschen bewegen. Sie spielen auch hinüber in die rechte Sphäre der Kommunität, der Gemeinschaft, der Volksgemeinschaft. Ein Buch wie Sebastian Jungers “Tribe: On Homecoming and Belonging” berührt diesen Komplex. Die Gesellschaft vermag nicht die enge Verbundenheit einer positiven Gemeinschaft zu bieten, sie gewährt Freiheiten, die Gemeinschaft dagegen bindet, im negativen Fall ist es eine Sklaven- oder Untertanengemeinschaft, geführt von einem herrschsüchtigen Häuptling, die keine individuellen Freiheiten zuläßt. Als Prototyp in dieser Hinsicht erscheint Sparta, es war so kommunistisch wie es zugleich faschistisch war. Platon hat dem die theoretische Reflektion verliehen in seinem Buch “Der Staat” (“Politeia”).
Für die moderne Gesellschaft bleibt die geringe Bindekraft ein Problem, das durch das Eindringen von analphabetischen Hilfsarbeitern und Kriminellen ins Unerträgliche gesteigert wird.
Die Dialektik von kleiner Gemeinschaft und großer Gesellschaft findet in Schopenhauers Parabel einen zeitlosen Ausdruck:
Arthur Schopenhauer
Die Stachelschweine
Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so daß sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.
So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: keep your distance! - Vermöge derselben wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden.
Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat, bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.
Yücel? Yücel? Da war doch was.
<>
Thilo Sarrazin gegen die "taz", Tagesspiegel 18.8.13
(http://www.tagesspiegel.de/…/verstoss-gegen-pe…/8653894.html)
Thilo Sarrazin gegen die "taz", Tagesspiegel 18.8.13
(http://www.tagesspiegel.de/…/verstoss-gegen-pe…/8653894.html)
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