Freitag, 26. Dezember 2008
Vernunft, Verstand und der Kalmar
spiegel.de/
Strizz, Reiche, FAZ
- "Der letzte Schritt der Vernunft ist es anzuerkennen, daß es eine Unendlichkeit von Dingen gibt, die sie übersteigen", meinte Pascal, und da stimmt ihm Colin McGinn sehr zu. Und auch in vielen einfachen Dingen, die wir gut kennen, gerät uns manches durcheinander, weil uns das Herz voll ist für das Gute und das Schöne, zum Beispiel auch für unseren vielarmigen Freund, den Kalmar.
" Der rote Teufel in der Klimafalle . Für den Humboldtkalmar könnte der Klimawandel fatale Folgen haben ", befürchtet R. Wandtner in der FAZ v. 17.12.08. Das greift natürlich ans Herz, gerade in diesen kalten Tagen mit der warmen Weihnachtsbotschaft, wenn wir dem 2-Meter-Humboldtkalmar demnächst vielleicht nicht mehr bei Tauchgängen die zahlreichen Arme schütteln könnten. Aber es heißt ja in dem Artikel: "Nachts steigen sie zur Jagd in oberflächennahe, sauerstoffreiche Zonen auf. ... könnten die Kalmare eines Tages gezwungen sein, ihren Sauerstoffbedarf in besonders flachen Gewässern zu decken ..." In unserer Badewanne gar? Da wäre dann doch noch manche ergreifende Begegnung möglich. Aber ach: "oberflächennahe, sauerstoffreiche Zonen"? Vertut sich Der rote Teufel da?: Die Löslichkeit des Sauerstoffs im Wasser nimmt mit steigender Temperatur ab. Oben, wo das Wasser wärmer ist, hat es also weniger Sauerstoff. Unten, im Kalten, mehr Sauerstoff. Kapiert das der Kalmar mit seinen großen Kulleraugen nicht? Da wäre der Kabeljau ja intelligenter. Der Sättigungswert beträgt bei 0 °C Wassertemperatur, ziemlich kühl ist das, 14,6 mg O2/l und sinkt bei angenehmeren 20 °C auf 9,1 mg O2/l . Die fischkritische Konzentration wird bei Werten kleiner als 4 mg Sauerstoff pro Liter erreicht (s. www.wasser-wissen.de/) . Irgendetwas scheint Der rote Teufel oder der Herr Wandtner durcheinandergebracht zu haben. Will sich der zehnarmige Tiefwasserfreund mit dem großen Appetit oben nur ein bißchen aufwärmen und nette Taucherinnen treffen? Oder macht Herr Wandtner nur einen Klimascherz auf Kosten des Kalmars, weil man derzeit jeden Regenwurm mit dem Zusatz "Klima" kitzeln kann?
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- Fehlt hier nicht noch ein Weihnachtsgedicht?
Dieses paßt immer, weil es so schön ist, und auch so positiv melancholisch, es erinnert mich auch an einen Topos des Spätromantikers Th. Mann, der, vielleicht im ZAUBERBERG, von der linken Schiffseite spricht, wohin alle Passagiere in einem Moment streben, worauf es dann Hans Castorp oder Tonio Kröger oder Th. M. instinktiv auf die rechte Seite zieht.
Weihnachten
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh´ ich durch die Gasssen,
Alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins weite Feld,
Hehres Glänzen, heil´ges Schauern!
Wie so still und weit die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigt´s wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!
Joseph von Eichendorff
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