Montag, 16. März 2009

Lehrbuchfall Wagner, Unmäßigkeit als Programm, Sozialisation




Psychotizist Ernst August Wagner

Gegenwehr gegen die journalistischen Schmeißfliegen von BILD & Co. in Winnenden

- Lehrbuchfall Wagner: "Ernst August Wagner. Der erste Amokläufer von Winnenden. Von Peter-Philipp Schmitt. Ernst August Wagner töte am 3. September 1913 aus Scham und Rache 14 Menschen.
FAZ 13. März 2009 Sorgfältig legte sich Ernst August Wagner am Abend des 3. September 1913 ein Dolchmesser und einen Totschläger bereit. Am nächsten Morgen erschlug und erstach er zunächst seine Frau Anna im Bett neben sich, danach - noch immer nur mit Nachthemd und Socken bekleidet - seine schlafenden Kinder, die Söhne Robert und Richard sowie die beiden Töchter Klara und Elsa. Die fünf Toten deckte er zu.
Dann zog er sich an, holte seine drei Schusswaffen, dazu reichlich Munition (mehr als 500 Patronen), schloss die Haustür hinter sich ab und ging von Degerloch hinunter nach Stuttgart zum Bahnhof. Dort stieg er in den Zug nach Ludwigsburg und erreichte schließlich nach einem weiteren Fußmarsch den Ort Mühlhausen an der Enz, wo er als junger Mann (1901) Lehrer war. Dort zündete er mehrere Gebäude an und schoss auf jeden, der ihm in die Quere kam - so lange, bis ihm die Munition in seinen Mauserpistolen ausging und er überwältigt wurde. Am Ende sind neun Mühlhausener tot, elf weitere schwer verletzt.
Der Amokläufer Wagner, Jahrgang 1874, tötete an einem Tag 14 Menschen. Als Beweggrund seines Handelns gab der unbescholtene schwäbische Hauptlehrer an: Scham und Gewissensbisse. Weil er vor zwölf Jahren in Mühlhausen Unzucht mit Tieren getrieben habe, die Leute sich seither über seine Verfehlungen lustig gemacht hätten, habe er sich zur Selbsttötung entschlossen, sagte Wagner.
Seine Familie wollte er mit in den Tod nehmen und sich zugleich auch noch an den Mühlhausenern für ihre „Schadenfreude“ rächen. Das Gerede und Getuschel über sein schändliches Tun, all die Verhöhnungen, Verspottungen und sogar Verfolgungen, von denen Wagner vor Gericht sprach, existierten allerdings nur in seiner Phantasie: Niemand in Mühlhausen, schreiben die Autoren Bernd Neunzer und Horst Brandstätter in ihrem Buch „Wagner“, habe auch nur etwas von der Sodomie in den Ställen des Dorfs geahnt.
Der dichtende Wahnsinnige
Das Strafverfahren gegen den offensichtlich unter Wahnvorstellungen leidenden Wagner wurde Anfang 1914 eingestellt, der Neununddreißigjährige in eine bekannte „Irrenanstalt“ gebracht - in die Heil- und Pflegeanstalt Winnenthal im Ort Winnenden. Dort starb der Patient, als „Mordbrenner“ weithin bekannt, 24 Jahre später an Tuberkulose. „Der gehört nach Winnenden“ ist bis heute synonym für einen Menschen, der nicht ganz richtig im Kopf ist.
Im Schloss der Stadt Winnenden befindet sich noch immer ein Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, „Zentrum für Psychiatrie“ genannt. Wagner war gewiss nicht der einzige Massenmörder, der in Winnenden „einsaß“. Er war aber der erste Amokläufer, der mit dem Ort in Verbindung gebracht wurde. In den dreißiger Jahren zählte das Haus etwa 600 Kranke, Hunderte von ihnen wurden von den Nationalsozialisten infolge der sogenannten Euthanasieaktionen getötet oder starben an Hunger und Vernachlässigung. Etwa 400 Patienten hat das Zentrum heute wieder.
Ernst Wagner, von Schriftstellern wie Hermann Hesse literarisch verarbeitet (in der Novelle „Klein und Wagner“, 1919), wurde in Winnenden zum Dichter. Er bekam eine Beamtenpension und eine Einzelzelle, schrieb Gedichte, Flugblätter und Dramen - unter anderem das Theaterstück „Wahn“ über König Ludwig II. von Bayern.
// Ein erschreckend interessanter Fall. Nach Wagner könnte der Persönlichkeitspsychologe Eysenck sein Psychotizismus-Extraversion-Neurotizismus-Modell entwickelt haben. Für Kriminalität aller Art spielt Psychotizismus eine bedeutende Rolle, siehe: H.J. Eysenck, 'Kriminalität und Persönlichkeit'. Psychotizismus ist eine von drei Persönlichkeitseigenschaften im P-E-N-Modell von Eysenck, neben Extraversion und Neurotizismus. Die Dimension beinhaltet abgeschwächte Merkmale der Schizophrenie bei gesunden Menschen. Nach Eysenck zu Psychotizismus gehörende Merkmale sind Aggressivität, Gefühlskälte, Egozentrik, Impulsivität, Kreativität und Antisozialität.

- " Den typischen Psychotizisten sieht Eysenck “als Einzelgänger, der sich nichts aus Menschen macht; er ist oft unangenehm, paßt nirgend hinein. Er kann grausam und unmenschlich sein, es kann ihm an Gefühl und Einfühlungsvermögen mangeln, er kann ganz und gar gefühllos sein. Er ist anderen, sogar seinen eigenen Verwandten und Bekannten, feindlich gesinnt, und aggressiv selbst denen gegenüber, die er liebt. Er hat eine Schwäche für sonderbare und ungewöhnliche Dinge und ist gleichgültig gegenüber der Gefahr, er liebt es, andere zum Narren zu halten und aus der Fassung zu bringen (Eysenck, 1976, S. 31).
Diese Beschreibung bezieht sich in ihrer Gesamtheit natürlich nur auf Extrembeispiele, auf Personen, die relativ hohe Ausprägungsgrade aufweisen. Personen, die mittlere Ausprägungsgrade besitzen, sind selbstverständlich viel häufiger als die extremen und zeigen diese Verhaltensmuster nur zu einem viel geringer ausgeprägten Grad. Psychiatrische Begriffe, die mit diesen Verhaltensmustern zu korrespondieren scheinen, sind ‘schizoid’ und ‘psychopathisch’. ‘Persönlichkeitsstörungen’ ist ein anderer Begriff, der einem in den Sinn kommt. Unser Konzept des ‘Psychotizismus’ überlappt sich mit allen drei dieser diagnostischen Begriffe (Eysenck & Eysenck, 1991, S. 6).
Aus diesen Beschreibungen geht hervor, daß Eysencks Psychotizismus v.a. an Verhaltensmuster von Menschen erinnert, die von Persönlichkeitsstörungen wie der paranoiden, der schizoiden, der schizotypischen und v.a. der antisozialen Persönlichkeitsstörung betroffen sind. Daher scheint es angemessener zu sein, sich den Pol Psychotizismus als zusammenfassende Beschreibung für diese Persönlichkeitsstörungen und weniger für Psychosen vorzustellen." http://freenet-homepage.de/oliverwalter/Psychologie/Personlichkeit/Gesamtsysteme/gesamtsysteme.htm

- Rocknacht, Jazznacht, Literaturmarathon - Unmäßigkeit als Programm.
- Monika Ferres und Weizsäcker auf einem Niveau: BILD-Werbung: Daß sich Fußballer, Schauspieler, Unterhalter, Sänger daran beteiligen, kann nicht verwundern; daß sich Rich.v. Weizsäcker ebenfalls einspannen läßt, will etwas heißen. Der Sänger bedankte sich bei BILD: "Danke für die Titt'n."
- Besuch einer Abiturklasse in der Akademie: eine Fastabiturientin trug bei 4°C Außentemperatur einen Minirock, der knapp das Gesäß bedeckte, ohne Strümpfe. Das wird bestimmt die Lernatmosphäre stark unterstützen.
- Die Gesellschaft besteht nicht aus Menschen, sondern aus den Kommunikationen von Personen, meint Luhmann; aus Menschen werden durch die Sozialisation Personen mit zurechenbaren und erwartbaren Handlungen. Was darf man von der Schule als Sozialisationinstanz erwarten? Die Schuluniform?